Gummi-band aus Kinderland
Yello haben ein neues BABY. Dieter schweigt, Boris freut sich in aller Stille.
Zwei Männer und ein BABY – die ideale Musik-Kleinfamilie
Boris Becker und Boris Blank. Zwei gleiche Initialen, zwei gleiche Charaktere — beide machen ihren Job hervorragend, reden aber nicht besonders gerne darüber. Sollte sich das ab heute geändert haben? Jetzt wird erst mal abgeschaltet“, setzt Yello-Hälfte Blank zum zweitlängsten Redeschwall des heutigen Treffens an. „jeden Tag fahre ich 40 Kilometer mit dem Fahrrad, um wieder fit zu werden. Der Winterspeck muß weg.“
Bons hat einige Monate harter Arbeit hinter sich. Doch jetzt ist BABY, das neue Kind von Yello. auf der Welt. Dieter Meier, der die Rolle des Yello-Sprachrohrs hervorragend besetzt, gibt sich jedenfalls optimistisch:
„MV diesem Album haben wir die besten Karten. Denn vieles ist schon bei der Produktion anders und besser gelaufen als früher.“ In Meiers Haus am Berghang über dem Zürcher See herrscht an diesem sonnigen Mai-Nachmittag eitel Zuversicht. Immerhin schließt sich für das Schweizer Duo ein Kreis: Auf dem Cover des ersten Yello-Albums strampelte ein Mutanten-Baby mit grüner Froschmaske — die neue Platte heißt BABY und wartet mal wieder mit einigen exotischen Dancefloor-Tnps aus Blanks Laboratorium und mit bizarren Abenteuerreisen in wilde Klangregionen auf. Boris nutzt kühn entschlossen eine kleine Pause in Meiers Redeschwall und bestätigt: „Mit der Yello-Musik bin ich wn Anfang an auf Abenteuer-Reisen gegangen. Da laufen lauter kleine Filme ab, ich begebe mich auf Expeditionen in unerforschte Gebiete. „
In seinem Heimstudio, das inzwischen mit dem besten Equipment inklusive Fairlight-Musikcomputer bestückt ist. würde Boris Blank vermutlich heute noch emsig vor sich hin tüfteln – hätte er 1980 nicht den Meier kennengelernt, der dafür sorgte, daß die große weite Welt von seinen erstaunlichen Klangtrips und damit von Yello Kenntnis nahm. Meiers Diskurs dazu: „Was steckt da fiir ein seltsames Kunstverstandms dahinter, wenn einer meint, er müsse noch ein paar Jührchen an seiner Kunst feilen, bevor er damit an die Öffentlichkeit geht? Man ist nie fertig, man entwickelt sich, und deshalb geht es darum, ehrlich zu zeigen, wo man gerade steht — ohne Absicherung und Schielen nach Anerkennung.“
Letztendlich geht es doch immer nur um das Eine — den Rest der Welt auf sich aufmerksam zu machen. Dieter Meier ist auch darin langerprobter Profi: „Ich ließ Ende der Wer.fahre mitten in Zürich l00.000 Schrauben und Muttern auf dem Pflaster abladen, die ich dann eine Woche lang in Tausenderhäufchen abzählte und in Säckchen verpackte, ohne eine Erklärung dazu abzugeben. Die Leute haben sich gewundert, und nach einer Woche war ich in der ganzen Stadt bekannt.“
Er hätte gerne weiter geredet, aber das Telefonklingeln reißt ihn aus der Vergangenheits-Bewältigung. Boris schaut seinem Sänger/Performer-Partner mit verklärtem Blick hinterher: „Ist er nicht ein Phänomen? Der Dieter kann reden — ohne Punkt und Komma.“ Bons, der aus „einfachen Verhältnissen“ kommt („mein Vater hat gearbeitet, meine Mutter war Hausfrau“), bewundert Meiers Eloquenz und Weltgewandtheit. Dennoch — die Arbeitsteilung funktioniert: Blank liefert die musikalische Basis. Meier, der Bankiers-Sohn, einstige Berufspieler und Bonvivant liefert den philosophischen und ideologischen Überbau.
Im Moment geht es dem BABY und der ersten Single „Rubberbandman“ prächtigst, und Meier, der leidenschaftliche Golfspieler, hofft gar schon auf einen kommerziellen Birdy. Boris aber schwingt sich grinsend auf seine rote Yamaha. Er wird sich entspannen, während er ein paar Runden um den Zürcher See brettert.
„Bleib noch ein bißchen bei Dieter“, murmelt er mir zum Abschied durch das aufgeklappte Visier zu. „er kann doch SO schön reden. „