Knochen
Blutorgien und Mega-Plastik-Shows, alles schon mal da gewesen, die Live-Optik steckt in der Ideen-Krise. Doch frisches Blut fließt schon. Die Erneuerung der Pop-Shows kommt vom Modern Dance der Marke La La La Human Steps.
Wieder einnmal war es David Bowie, der sein Ohr an den Zahn der Zeit hält – bei der „GIasspider“-Tour hatte er erfahren, daß innovative Shows schier unbezahlbar werden. Jetzt gab er in London eine Kostprobe von dem Pop-Konzert der 90er Jahre: Die Verbindung von Rockmusik und akrobatischem Modern Dance der Derrwisch-Gruppe La La La Human Steps um den kanadischen Choreographen Edouard Lock. Mit dem Jane Fonda-Aerobic-Jazztanz aus der MTV-Ecke hat das nichts mehr zu tun, Locks Tänzer wirbeln in einem atemberaubenden Tempo und in den aberwitzigsten Verrenkungen über die Bühne, eine physische Präsenz, die auch die Zuschauer schneller atmen läßt. Genau das will Lock: „Mir ging es nie darum, nur ein mittlerweile doch recht abgeschlafftes Rock-Publikum wieder in Erstaunen zu versetzen. Wir Finden, daß in einer Well, in der alles verbalisiert wird, die Gedanken wieder physikalisiert werden müssen. Wir peilen auf das inzwischen verlorengegangene KörpergeFühl der Menschen und benutzen halt die Rockmusik als Sprache unserer Zeit. “ Wie in früheren Jahren, als die Leute bei den Konzerten ihrer Rock-Idole noch körperlich ausrasteten, will der Kanadier, daß die Zuschauer „ein wenig außer Kontrolle geraten“.
La La La Human Steps geht dabei aufs Ganze, die Auftritte der Company erfordern den „totalen Einsatz des Körpers. Das springt aufs Publikum über. Die meisten Menschen Fürchten sich vor ihrem Körper, wir nehmen ihnen die Furcht.“
Gelegenheit für diese Art von Selbsterfahrung gibt es im Oktober: Die Gruppe geht mir ihrer neuen Show „New Demons“ (ohne Bowie) auf Deutschland-Tournee. Unterstützt werden die Tanz-Akrobaten mit der Live-Musik von Neil Arthur und Stephen Luscombe (Ex-Blancmange) – eine Mischung aus Rock und indischen Tempelklängen.