Beckers Service


Als „Musicians Musician“ war es bislang vorwiegend Amateur-Gitarristen und „Fachblatt-Lesern ein Begriff. Das soll nun anders werden. CHRIS BECKERS, Holländer, Gitarrist und Bruder des „Fritz Brause“-Saitenzupfers Marcel, ist in Kürze auf Tour.

Beckers ist überzeugter Selfmade-Man. Abseits aller ausgetretenen Pfade hat er sein Ding bislang völlig unorthodox durchgezogen. Nach Lehrjahren in der obligatorischen Amateur-Kapelle („Blackwater Blues Band“) eröffnete er in Nordhorn einen Plattenladen mit breitgefächertem Sortiment -— einschließlich einer großen Jazz-Abteilung.

1980 mietete er sich ein Studio und spielte mit einigen Freunden seine erste LP BLUE MOTIONS ein. Pressung und der gesamte Vertriebs-Service wurden natürlich selbst übernommen -— und bei den Gigs in kleinen Jazz-Clubs konnten die Unkosten durch den Eigenverkauf halbwegs wieder hereingeholt werden. Mit neuen, etwas kommerzieller gestalteten Titeln wurde 1982 das zweite Werk SPLASH unter Hinzunahme einiger holländischer Studiocracks in gleicher Weise eingespielt, gepreßt und vertrieben.

Beckers, der es rigoros ablehnt, mit deutschen Plattenfirmen zu paktieren, machte sich Gedanken, wie er die Sache noch professioneller anfassen könnte. Um die dritte LP zu realisieren, rief er etwa den namhaften Drummer Gerrv Brown an und fragte frech, oh er nicht mal was für ihn trommeln könnte. Nun, der direkte Weg ist der nächste, Brown trommelte — und die Grundtracks für NIGHT MOVES waren innerhalb von zwei Tagen fertig.

„Das war die erste Suche, mit der ich vom Resultat her einverstanden war“, so Beckers selbstkritisch. Es war gleichzeitig auch die erste LP, die erste Erfolge brachte, jedoch nicht hier bei uns, nein, im fernen Japan! „Da ich durch meinen i’lattenladen einige Großhändler kannte, hin ich mit meinen selhsiproduzierten Scheiben da vorbeigefahren und habe immer einige dort gelassen.

Einer der Großhändler schickte ein paar Platten nach Japan — und wenig später bekam ich einen Anruf: Ein Herr in Japan wollte 2000 Platten. Eine Woche später wollte er nochmals 1000 Stück — und dann, genau an dem Tag, als ich den Plattenladen verkaufte, um nur noch Musik zu machen, rief erst JVC und dann Polydor an. Polydor mache das Rennen -— und innerhalb einiger Wochen waren 20000 NIGHT MOVES weg. „

Was machte Beckers? Logisch, er begann mit der vierten LP. Wie er das machte, ist typisch für ihn: Er kaufte sich kurzentschlossen eine 24-Spur Maschine („ich hatte vorher noch nie ein Tonband“) sowie weiteres Equipment und spielte alleine mit einem Drumcomputer die Roh-Versionen seiner neuen Stücke ein. Dann wurden die Koffer gepackt — und es ging ab nach L. A., um die dortigen Top-Sessionleute Abe Laboriel (Baß), Alex Acuna (Drums) und Ernie Watts (Sax) auf die freien Spuren und Bänder spielen zu lassen.

Er selbst spielt dabei eine hörenswerte Gitarre — falls er dazu kommt.

„Weißt du, bei einem Einmannbetrieb mußt du einfach alles machen, vom Beackern der Medien bis zum Entwurf der Tourplakate. Da kommst du einfach nicht dazu, die Gitarre anzufassen.“