Paul Young – Star mit Skrupeln
Der Erfolg hat ihn voll erwischt. Mit einer begnadeten Stimme und Coverversionen alter Soul-Klassiker sang sich der 27jährige Engländer in die Charts und die Herzen vor allem weiblicher Verehrer. Doch ein schmusiger Teddybär für verliebte Backfische möchte Paul Young nicht sein. Seinem Herzensbrecher-Image zum Trotz will er vor allem als Musiker respektiert werden. Alles weitere, so P.Y. im Interview, sei nichts als unvermeidlicher Ballast…
NO PARLEZ. der Titel seiner Debut-LP. beschreibt annähernd genau eine Charaktereigenschaft des 27jährigen Newcomers: Vom Reden hält er nicht viel. Ruhig und introvertiert quittiert er die Aufwertung seiner Person mit Verschlossenheit und Zurückhaltung. Daß ihm der plötzliche Ruhm nicht zu Kopf gestiegen ist, scheint seinem Naturell zu entsprechen.
Zumal Paul Young genau so schnell, wie er die Charts stürmte, auch mit den negativen Aspekten eines Uberraschungs-Erfolges konfrontiert wurde: Pausenlose Interview-, Foto- unä TV-Termine forderten ihren Tribut: ein Interview-Stop und der Wunsch nach Zurückgezogenheit waren die Folge. Die verständliche Reaktion eines für dieses Geschäft wohl zu sensiblen Charakters, dem beizeiten die Augen geöffnet wurden.
Kompromisse muß er dennoch machen. Für die Aufzeichnung von „Thommys Popshow‘ unterbrach er seine England-Tournee für einen Tag und stellte sich – offensichtlich etwas deplaciert – vor 12000 begeisterte Kids auf die Bühne der Dortmunder Westfalenhalle. Und unserem Wunsch nach einem Gespräch wollte er sich trotz Interview-Stops auch nicht verschließen…
Paul, was hältst du überhaupt von deinem Publikum? Sieht es so aus. wie du es dir in den Jahren vor dem großen Durchbruch vorgestellt hast 7″.Als ich zum ersten Mal diese riesige Menschenmenge sah. wurde mir schon etwas flau Inzwischen irritiert mich das nicht mehr. Es gibt da auch Unterschiede: In Deutschland und Holland etwa ist das Publikum viel aufgeschlossener und unverkrampfter als z. B. in Paris oder London. Dort reagiert man längst nicht so spontan. Vermutlich sind die Leute in England übersättigt. Ich kann das wirklich beurteilen: schließlich bin ich jahrelang kreuz und quer durch England ge.tourt.“
Mit deiner ehemaligen Gruppe „Q-Tips“ bist du ja jahrelang nonstop auf Tournee gewesen, als Live-Act galtet ihr als Geheimtip. Wie sah dein Leben und deine Musik vor der großen Wende damals aus 7″.Wir waren eine 60er-Soul Band mit Blasern und spielten Tanzmusik, ausschließlich Cover-Fassungen bekannter Stücke. Wir traten alle in den glei chen Anzügen auf. es muß wirklich lustig ausgesehen haben Aber so wie wir damals schon versuchten, das Publikum so weil wie möglich mit einzubeziehen. versuchen wir es auch noch heute was uns strecken weise auch gelingt Wieviele Platten wurden sei derzeit von den „Q Tips“ veröffentlicht 7″.Zwei Alben Das erste war ein Studio-Album und erschien bei Chrysalis. nachdem wir gerade sechs Monate zusammen spielten Erst aufgrund dieses Vertrages begannen wir dann, eigene Stücke zu schreiben Auch als wir dann mit einem Titel in die Top 30 gelangten, konnten wir auf dem Plattenmarkt keine überschäumenden Reaktionen hervorrufen Ob wohl wir damals als aktive-Band Fans genug halten, wirkte es sich nicht auf den Plattenabsatz aus. Als wir dann Chrysalis verlassen hatten, spielten wir unser zweites Album eine Live L P ein. das von einer kleinen Firma vertrieben wurde und ebenfalls keine große Resonanz erhielt „
Als frischgebackener Star ge hören ausgedehnte Tourneen ebenso zu deinem Pflichtprogramm wie PR-Aktionen. sprich Interviews oder Foto-Sessions Wie kommst du mit diesem Aspekt des Business zurecht 7 ., Von diesen Dingen bin ich überhaupt nicht begeistert, ich fühle mich nun mal viel mehr als Musiker. Entertainer oder besser gesagt als Sänger Solche Publicity hegt mir gar nicht, ich mochte nicht mein Inneres nach Außen gekehrt sehen Es wurden plötzlich furchtbar viele Interviews anberaumt Es ging teilweise so weit daß ich noch Fragen beantworten soll te. kurz bevor ich aul die Bühne ging Ich hatte einfach keine Zeit mehr für die Konzerte es kam einfach viel zu viel aul einmal zusammen Es hat mich nicht nur Nerven gekostet, sondern mir beinahe schon den Spaß an der Musik genommen Dennoch bin ich der Meinung, so etwas über mich ergehen lassen zu müssen weil mich doch bislang kaum einer kannte Ich kann das schon verstehen Wenn man sich das Cover deiner Platte anschaut so ge winnt man den Eindruck daß du für viele das Image das großen jugendlichen Herzensbrechers hast und vielleicht der Traum vieler junger Mädchen bist Wie siehst du selbst deine Wirkung nach außen 7″.Das mag wohl so aussehen, stimmt aber nicht. Als ich diese Platte machte war es nicht meine Intention, ausschließlich von einem jungen Publikum gehört oder gekauft zu werden Vielleicht beruht dieses Image auch auf meinem ersten Single-Erfolg „Wherever I Lay My Hat“, ich weiß es wirklich nicht. „
Deine Vorliebe für Soul-Musik scheint nach wie vor ungebremst, hört man sich deine Cover-Versionen von Marvin Gaye oder Booker T Jones an Andererseits findet sich auf deiner Platte auch ein Titel der Gruppe Joy Division: musikalisch also ein recht großer Sprung. Nach welchen Kriterien suchst du Titel aus 9 „Alle diese Songs der 60er Jahre liebe ich: einen Titel wie „Wherever I Lay My Hat“ habe ich schon mit den Q Tips gespielt Dennoch war es eigentlich ein Zulall, daß ich diesen Titel schließlich aul die Platte genommen habe Doch wollte ich nicht völlig eingleisig und ausschließlich nur Soul- Titel einspielen: ein musikalischer Sprung war schon beabsichtigt. Die Auswahl treffe ich rein intuitiv, weil ich glaube, daß ein Sanger jeden Titel auch wirklich empfinden muß. Musikalisch ist es von allem etwas, teilweise Soul. New Wave. Reggae. Flock- und Afncan-Music , Wherever I Lay My Hat“ ist ein Beispiel dafür, daß mich einfach die Slory reizte, weil sie eben keine typische Love-Story war. Entweder muß mich die Musik oder aber der Text überzeugen „
der „Soul“ in der Stimme hat ..
„Ja, Paul Rodgers bete ich an. Wahrscheinlich werden wir auch die Free-Nummer „No Doubt You Will Love Me“ aufs nächste Album nehmen. Mit Pauls Image als hartem Trinker kann ich mich allerdings weniger identifizieren – selbst wenn ich dann und wann gerne einmal einen zur Brust nehme.
Kann man eigentlich eine Stimme wie deine schulen oder wird man damit geboren?
„Ich habe mir viel aneignen können, indem ich Sänger wie etwa Paul Rodgers genau studiert habe. Ein eigentliches Gesangs-Training habe ich nie gehabt. „
Hast du eigentlich Einfluß darauf, wie du von deiner Plattenfirma „verkauft“ wirst?
„Das ist eine lustige Geschichte. Anfangs wollte man mich als einen Gegenpol zu Shakin‘ Stevens verkaufen. Shakin‘ Stevens als poppiger Rock n‘ Roller – und ich als poppiger Soul-Sänger. Also, da habe ich nicht mitgespielt. Auch bei der Veröffentlichung von “ Wherever I Lay My Hat“ gab es noch in letzter Minute Komplikationen: Kurz bevor die Nummer ein Hit wurde, wollte die Plattenfirma die Single zurückziehen, weil sie nicht daran glaubte. Nun, inzwischen hat mir der Erfolg in dieser Beziehung etwas Luft verschafft. „
Paul, zum Schluß noch die obligatorische Frage nach der Zukunft: Wie sehen deine Pläne für 1984 aus?
„Im Januar nehmen wir in London eine neue Single auf. Danach steht eine Tournee durch die USA und Australien an. Nach unserer Rückkehr werden wir dann, so im Mai/ Juni, ein neues Album produzieren. Es wird stilistisch sicher einheitlicher ausfallen als NO PARLEZ. Die Band wird mehr im Vordergrund stehen; in Zukunft werden wir auch unter dem Namen Paul Young & The Royal Family firmieren.
Ich weiß, daß in den nächsten Monaten viele Probleme und Anstrengungen auf mich zukommen, aber nachdem ich nun sechs Jahre auf diesen Zeitpunkt gewartet habe, bin ich bereit, den Streß auch in Kauf zunehmen.“