B-52’s – München, Schwabinger Bräu
B-52’s erster Auftritt in München fand letztes Jahr im Rigan-Club statt, der restlos überfüllt war. Und obwohl da kaum noch mehr Platz zum Tanzen blieb, und viele nur noch die auf- und abwippenden Perücken von Cindy und Kate sahen, hatte jeder seinen Spaß. Das hautnahe Club-Erlebnis war im ausverkauften Schwabinger Brau nicht mehr möglich, aber trotzdem besaß B-52’s genug Verve, um die Erwartungen des vorwiegend sehr jungen Publikums voll zu erfüllen und ihre fröhlichen Improvisationsrhythmen animierten nicht wenige zum Tanzen.
Das Klischee amerikanischer Supermarkt-Kultur präsentierte ungeniert den musikalischen Abfall aus zwanzig Jahren als Wühltisch, aus dem jeder herausfischte, was ihm gefiel. Die Phantasie-Idioms in den Texten und der antiautoritäre Kinderzimmer-Sound, in dem es rasselte, klapperte, blubberte und zischte – das hörte sich an diesem Abend noch immer an wie ein außer Rand und Band geratenes Orffsches Schulwerk. Da begannen Comic-Bilder lebendig zu werden, Hula-Hopp-Reifen und Weltraum-Romanzen spontane Verbindungen einzugehen, kurzum, die B-52’s haben noch immer die Unbefangenheit, das Unmögliche möglich zu machen, auch wenn eine gewisse Routine inzwischen das Programm bestimmt. Besonders überzeugend an diesem Abend das völlig verdrehte „Rock Lobster“, „Quiche Lorraine“ und der B-52’s-Slogan „Dance This Mess Around.“ Die US-Combo zeigte, daß es auch im engen Marketing-Konzept der 80er Jahre noch möglich ist, trivialen Pop, dekadenten Rock, avantgardistische Tanzmusik und impulsive, ungesteuerte Verrücktheiten erfolgreich unters Volk zu bringen.