Peter Frampton / Gary Wright – Triumph der Mittelmäßigkeit


Zwei Giganten standen gemeinsam auf Deutschlands Bühnen. Der eine, Peter Frampton, brachte das kommerziell erfolgreichste Doppelalbum der Popgeschichte auf den Markt und lag 17 Wochen an der Spitze der US-Hitlisten. Der andere, Gary Wright, rangiert mit seinem Dauerbrenner „Dream Weaver“ seit über einem Jahr in den Top 100 der amerikanischen LP-Charts. Beide stammen aus England und stiegen erst in den USA zu Superstars auf, denen in großen Stadien Zehntausende zujubeln. Ihre Tournee durch die Bundesrepublik offenbarte den Hintergrund des Erfolgs: Beide sind nichts als blasse Durchschnittsmusiker, die schön aussehen, viel lächeln und niemandem wehtun. Damit passen sie haargenau in den Trend, der die Musikszene in Amerika in den abgelaufenen zwölf Monaten entscheidend prägte: der Triumph der Mittelmäßigkeit.

Das flaue, aber höchst erfolgreiche Comeback-Album der Beach Boys, der sensationell schnelle Aufstieg der Newcomer Boston, Heart und Aerosmith, die Woge minderwertiger, austauschbarer Discohits sind Teile eines Puzzles, die gut zusammenpassen: Experimente waren in den USA im Jahre 1976 kaum gefragt, wer abgeschliffene, handliche musikalische Klischees gut verpackt unter die Leute brachte, kassierte einen Dollarregen.

Keiner aber verstand und versteht es so geschickt wie Gary Wright, eine kreative Einöde zum Rockspektakel aufzumotzen. Der ehemalige Tastenspieler von Spooky Tooth (eine der wichtigsten Bands der sechziger Jahre) betreibt einen optisch äußerst attraktiven Keyboardfetischismus, stolziert mit einem Bauchladen voller Tasten über die Bühne, hat neben sich einen Mitspieler, der auf einem weiteren tragbaren Manual Basstöne drückt, hat schräg links und schräg rechts hinter sich zwei Leute, die an großen Keyboard-Batterien sitzen und dort wie programmierte Buchhalter eifrig Akkorde und Melodien erzeugen, hat irgendwo im Bühnenhintergrund auch noch einen Drummer sitzen, der – nein so was – tatsächlich auch ein richtiges Schlagzeug spielt. Daß auf all diesen blitzenden Orgeln und Sythesizern nichts als langweilige Songs und ein synthetisch aufgeblähter Sound erzeugt wird, fällt dem Publikum da kaum noch auf, im Gegenteil: Vermutlich wären die.Leute böse, wenn ein schwarzer, schmutziger Ton, ein von den Wurzeln des Rock getragenes Solo, ein Hauch echter Empfindung von den blitzenden Bauchläden ablenken würde.

Weiter zu Peter Frampton, dessen US-Auditorium sich stets in kollektive Hysterie steigert. Hierzulande schüttelte man glücklicherweise entweder den Kopf oder sich selbst vor Lachen, abgesehen von einigen kreischenden Mädchen in den ersten Reihen. Während Gary Wright immerhin noch ein echtes Kind unserer Konsumgesellschaft, also ein erfolgreicher Verpackungskünstler ist, kommt Herr Frampton als personifizierte Substanzlosigkeit daher. Er ist Image, sonst nichts. Seine Songs, die auf seiner vierseitigen Live-LP noch unverbindlich nett wirken, geraten bei Konzerten zum seichten Rahmenprogramm für ein narzißhaftes Panoptikum. Peter, engbetucht und wirklich zu schön um wahr zu sein, kullert verführerisch mit den Augen, fuchtelt wie ein Suppenkasper und bleckte die Zähne, daß selbst Profi-Grinser vom Schlage eines Jimmy Carter noch was lernen können. Abseits jeder musikalischen Ernsthaftigkeit präsentiert er sich als der Stoff, aus dem feuchte Mädchenträume sind, als spätberufener Teeniebopper. Spätestens, als er die Stones-Nummer „Jumpin‘ Jack Flash“ weichzuspülen begann, hat es hoffentlich auch dem letzten erdverbundenen Germanen gedämmert: Die spinnen, die Amis. Dieser Artikel ist polemisch geraten und entspricht nicht der Art und Weise, wie der ME sonst mit Musik und Musikern umgeht. Aber irgendwann muß sich ein Mensch, dem Rock mehr bedeutet als nur Untermalung fürs Abwaschen, auch mal Ärger von der Seele schreiben. Sollte das Echo der Leser fürchterlich werden, vergrößern wir den Platz für Leserbriefe.