Mott The Hoople: „Jetzt kommt der Stein ins Rollen“
"Roll Away The Stone" die bislang neueste Mott The Hoople-Single, platzte wie eine Rakete in die englischen Hitlisten. Damit war für eine der verkanntesten britischen Bands endlich das Startzeichen für eine grossangelegte Tournee über den europäischen Kontinent gegeben. Gerade jetzt im Februar präsentierte sich 'Mott' auch auf deutschen Bühnen. Vor einigen Jahren konnte man diese Gruppe hierzulande schon einmal 'live' erleben und zwar als Vorgruppe während einer Grand Funk Railroad-Tournee.
BOWIE HAT GEHOLFEN
Seitdem hat sich allerdings verdammt viel geändert bei Mott The Hoople. Mit ihrem damaligen Hard-Rock-Sound passten sie sehr gut zur Grand Funk-Tour. Die ganze Sache hatte nur einen Schönheitsfehler: Sie war reichlich ohne Konzept. Im Frühjahr 1972 schliesslich sollte alles anders werden. Die Gruppe tourte gerade durch die Schweiz, und alles schien schief zu gehen. Frustration auf der ganzen Linie. Vor lauter Verzweiflung fing man an sich zu besaufen. Motth The Hoople war praktisch am Ende. Als englische Zeitungen Trennungsgerüchte veröffentlichten, griff unvermittelt kein anderer als David Bowie zum Telefonhörer und Hess sich mit dem Mott-Chef lan Hunter (voc) in der Schweiz verbinden. Alle Panik war mit einem Schlag vergessen, denn Bowie bot Mott The Hoople an, speziell für sie einen Song zu schreiben. So entstand ‚All The Young Dudes‘ und damit zugleich der grösste Hit dieser Band überhaupt. Der Erfolg blieb der Gruppe auch treu, als Bowie keine Zeit mehr für sie hatte. Die Nachfolge-Single ‚Honaloochie Boogie‘, von Mott selbst komponiert und geschrieben, wurde zumindest in England ebenfalls zu einem Hit. Im August 1973 erschien das bislang letzte Album von lan Hunter und seinen Mannen unter dem naheliegenden Titel ‚Mott‘. Die LP war eine Bombe. Vor allem in Amerika kletterte sie beachtlich hoch in den Hitparaden herum.
GEHEIMNISVOLLER GITARRIST
Gerade als feststand, dass Mott The Hoople nach Deutschland kommen wurden, flatterte mir die Einladung zu einem ihrer Konzerte in die Redaktion. Am Nachmittag vor diesem Gig in London kreuzte ich also im Kensington Hilton auf und stolperte gleich in die totale Fete auf lan Hunter’s Hotelzimmer. Kurz darauf zwängten wir uns (20 Personen!) in fünf wartende Rolls Royce-Limousinen und fuhren zum Sound-Check ins Hammersmith Odeon. Dort wurde mir mit einem Schlag klar, woher ich den Mott-Gitarristen kannte. Natürlich, das musste Luther Grosvenor sein, der Ex-Spooky Tooth und Ex-Stealers Wheel-Mann. Antwort: Ääh, ich heiss‘ Aerial Bender und ich bin seit September 1973 der neue Gitarrist bei Mott The Hoople.“ Das kann doch wohl nicht sein … Aerial: „Irgendwie hast Du ja recht, eigentlich bin ich ja Luther, aber lan und ich, wir haben uns überlegt, dass es ganz witzig wäre, wenn ich mir einen neuen Namen zulege. Aerial Bender klingt doch nicht schlecht, oder?“ Ach so!
NEUES LIVE-ALBUM
Auf der Ruckfahrt ins Hotel erzahlt mir lan Hunter, dass Mott an diesem Abend über David Bowies Verstärker-Anlage spielen werden, weil man beabsichtigt, das Konzert aufzunehmen, damit es in Kürze als Live-Album erscheinen kann, lan: „Gestern abend hab‘ ich David noch besucht. Er sitzt im Moment in seiner Wohnung herum und tut eigentlich garnichts. Schliesslich meinte er, ein weiterer Freund von ihm werde gleich auch noch reinschauen. Ich erwähnte zum Spass, dass seine Freunde ja auch meine Freunde seien, und weisst Du, wer kam? Mick Jagger! Ich fragte die Beiden, ob sie Bock haben, sich heute abend unseren Gig anzusehen. Kein Zweifel, sie haben beide zugesagt.“ ‚ALL THE YOUNG DUDES‘ Im Hammersmith Odeon war denn auch die Holle los. Volles Haus und so. Während eines Songs kam lan Hunter ganz nach vorne auf die Bühne und bat ein Mädchen aus dem Publikum zu sich, das ihn die ganze Zeit über anhimmelte. Als er es umarmte und küste, tobte das Publikum. Als es Zeit für die Zugabe wurde, setzte Mott The Hoople zunächst mit ‚All The Young Dudes‘ ein, danach gab’s noch ein paar alte Rock’n’Roll-Nummern. Inzwischen standen bereits ein paar Duzent Fans auf der Bühne! Letzte Rettung: Der dicke hölzerne Sicherheitsvorhang musste, runtergelassen werden. Mann, das war endlich mal wieder ’ne Band, die Stimmung in den Saal brachte. Ich warte schon jetzt auf das Live-Album, denn in England munkelt man nicht ohne Grund, dass Mott The Hoople sich in diesem Jahr totensicher zu einer Super-Group mausern wird. Was lange währt, wird schliesslich … nicht war? Und dann kommt für Mott wohl auch in Deutschland endlich der Stein ins Rollen …