Es fing alles an mit dem einfachen, aber rockgeladenen Hit ‚You Reallv Got Me‘ . Erst später bemühte sich Ray Davies um aussagestarke Songtexte. ‚Dedicated Follower Of Fashion‘ , ein weiterer Hit aus den Anfangstagen der Kinks, hat bereits einen kritisch-satirischen Text, der seinerzeit sicher noch nicht von den Fans In seiner vollen Schärfe erkannt wurde.
Die Kinks-Welle hat sich in Europa zwischenzeitlich etwas gelegt – anders in Amerika. Dave Davies sagt darüber:
„AMERIKA IST UNSERE RETTUNG GEWESEN. WIR SIND DORT OFT AUFGETRETEN UND HABEN DABEI UNHEIMLICH VIEL GELERNT. SO KAM ES AUCH, DASS WIR IN AMERIKA BISLANG DEN GRÖSSTEN ERFOLG HATTEN“.
Im Laute der Jahre ist es deutlich geworden, dass Ray der unbestrittene Chef der Kinks ist. Ray’s Bruder Dave, der bekanntlich auch ein paar Solo-Hits hatte, sagt über seinen Bruder:
„VIELE LEUTE GLAUBEN, DASS RAY WIE EIN DIKTATOR DIE FADEN IN DER HAND HÄLT. GENAU DAS GEGENTEIL IST WAHR. RAY IST ABSOLUT KEIN HERRSCHER-TYP. ER SCHREIBT SO ZIEMLICH ALLE KINKS-TITEL. WENN WIR AUFNAHMEN MACHEN, WEISS NUR ER GENAU, WAS ER WILL, WEIL ES JA SEINE SONGS SIND. UM MIT IHM ZUSAMMENARBEITEN ZU KÖNNEN, MÜSSEN WIR NATÜRLICH SEINE IDEEN RESPEKTIEREN.“ Mit der nächsten Frage richten wir uns direkt an Ray.
Du schreibst viel. Ist es so, dass Du die besten Einfälle hast, wenn Du unter Druck stehst?
RAY : Ich glaube, dass, wenn man unter Druck steht, weil beispielsweise eine neue LP fertig werden muss, man zwangsläufig Nummern schreibt, denen noch der letzte Schliff fehlt. Ich stell mir vor, dass es schön sein muss, ein Schriftsteller zu sein, der höchsten einmal im Jahr ein Buch schreibt, oder in einer Band zu arbeiten, die noch nicht so bekannt ist wie wir.
Wie kommt es, dass sich Deine Stimme manchmal so komisch anhört?
RAY : Das wird sicher daran liegen, dass ich nicht allzugut singen kann. Damit es trotzdem interessant klingt, verstelle ich mich eben ein wenig.
So wie in ‚Apeman‘, wo Du einen Westindischen Akzent gebrauchst?
RAY : Nein, nein, wenn Du dir You Really Got Me‘ oder ‚All Day And All Of The Night‘ anhörst, findest Du dort genau denselben Akzent. Ich weiss auch nicht, wie das passiert. Ein bisschen wundere ich mich selbst darüber, denn so klingt es meist komischer als es gemeint ist.
Auf euren neuesten Aufnahmen hört man viel häufiger ein Piano als früher.
RAY: Das stimmt nicht ganz. Vor 6 Jahren konnte man auf unseren Platten schon ein Piano hören. Nicky Hopkins hat auf zwei Stücken mitgespielt, und ich spielte die Stellen, die Nicky nicht konnte oder, ich will es ^twas anders ausdrücken, sagen wir, die Stellen, bei denen Nicky abwesend war. Bei einigen Auftritten habe ich selbst auch Orgel gespielt, aber das kam nicht so gut an.
Gehören die Bläser mittlerweile fest zu den Kinks?
RAY : Mehr oder weniger schon. Ich habe bereits Pläne, die Gruppe noch mehr zu vergrössern. Aber dass wir jetzt Klarinette, Saxophon, Trombone und Trompete dabei haben, dass finde ich schon recht gut.
Ist es nicht ein bisschen schwierig für Dich, im Studio zur gleichen Zeit zu spielen und zu produzieren?
RAY: Das ist in der Tat schwierig. Ich kannte einen wirklich guten Produzenten. Kurz bevor wir ‚Lola‘ aufnahmen, habe ich mehrere Leute gefragt, ob sie uns producen 1 wollten, aber sie hatten keine Lust. Ausserdem besorge ich noch den End-Mix im Studio, und das ist enorm zeitraubend. Wenn dann aber eine Platte fix und fertig ist, bin ich immer sehr zufrieden.
Glaubst Du, dass die Kinks einfach nur eine Begleitband für Ray Davies sind?
RAY : Ich verwerfe eine ganze Menge Ideen, wenn der Rest der Gruppe sie nicht gut findet. Neulich habe ich ein Lied geschrieben, dass ich am liebsten sofort aufgenommen hätte. Ich war davon überzeugt, dass es einer unserer grössten Erfolge werden könnte und ich hatte viel Zeit darin investiert. Weil es der Gruppe aber nicht gefiel, habe ich es schliesslich unter den Tisch fallen lassen.
Die Kinks sind jetzt keine Single-Gruppe mehr…
RAY : Nein. Das liegt daran, dass die Songs, die ich jetzt schreibe, ausgemachte LP-Nummern sind und sich nicht für eine Single eignen. Dazu kommt, dass Singles machen viel mehr Arbeit erfordert, Du brauchst nur an Public Relation zu denken.
Hast Du schon geschrieben, als es die Kinks noch nicht gab? RAY : Ich habe schon immer viel geschrieben. Vor einiger Zeit habe ich ein Buch wiedergefunden, das ich schrieb, als ich noch die Kunstakademie besuchte.
Hast Du viele Songs geschrieben, die niemals auf Platten erschienen sind?
RAY: Ja sicher. Aber ich glaube nicht, dass ich sie noch herausbringen werde. Das sind einfach nur so Ideen. Ich denke mehr in Worten als in Musik. Meine gesammelten Songtexte will ich demnächst in einem Buch veröffentlichen.
