Der Hölle entronnen


Zehn Jahre mit Hole und den Smashing Pumpkins sind genug: Melissa Auf der Maur macht jetzt ihr eigenes Ding. Die Angebote prominenter Acts hat die Bassistin denn auch konsequent ausgeschlagen.

Sie hat lange, rote, leicht gelockte Haare, als wäre sie von einem Präraffaeliten gemalt worden. Sie hat ein Gesicht wie Porzellan, mit hellen Sommersprossen auf der Nase und zwei senkrechten, schmalen Zornesfalten darüber, die sie bei Bedarf an- und ausknipsen kann wie das Leuchten in ihren grünen Augen. Sie hat Zeit, sich vom Musikexpress anschwärmen zu lassen und sieht ein wenig verloren aus, wie sie da alleine im tennisplatzgroßen Konferenzraum eines Berliner Hotels sitzt. Und weil die Floskel „kaum zu glauben“ hier ausnahmsweise mal greift: Kaum zu glauben, dass diese Frau jahrelang bei Hole gespielt hat, Courtney Loves seligem Rockprojekt. Kaum zu glauben auch, dass sie gleich anschliessend ihren Bass bei Billy Corgans Smashing Pumpkins gezupft hat. Kaum zu glauben, dass sie um ein Haar bei Metallica eingestiegen wäre. Oder beinahe mal in die Band von Pink. Und kaum zu glauben, dass sie erst jetzt, mit „um die dreißig“, ihr erstes Soloalbum produziert hat. Mit ein paar Freunden, die sie noch von früher kennt: Mark Lanegan, James Iha von den Pumpkins, Twiggy Ramirez von Marylin Manson und John Stanier von Heimet. Es gäbe also allerhand zu fragen. Und deshalb ist es eigentlich nicht zu fassen, dass wir aus purer Verunsicherung gleich mit der denkbar dümmsten Frage ins Haus fallen:

Woher kommt eigentlich der Name Auf der Maur?

Aus der Schweiz. Es gibt dort eine sehr große wohlhabende Familie mit einem Stammbaum bis zurück ins zwölfte Jahrhundert. Sie sind sehr exzentrisch. Die Eltern meines Vaters sind ausgewandert, weil mein Großvater in Kanada Gold suchen wollte.

Hat er denn weiches gefunden ?

Oh ja! Aber Patrioten sind meine Großeltern Zeit ihres Lebens geblieben. Meine Oma jodelt ständig.

… das hört man auch auf der Platte.

Das letzte Stück, genau. Es ist meine 100-jährige Schweizer Großmutter, die da jodelt. Und zu hause hat sie überall die Schweizer Fahne herumhängen, und Bilder von den Alpen. Es ist eine coole Koinzidenz, dass im März, wenn meine Platte herauskommt, in der Schweiz ein großes Familientreffen der Auf der Maurs stattfindet. Meine Verwandten sind begeistert! Rechtzeitig zum 1000-jährigen Jubiläum! Sie schickten mir das Familienwappen, sehr cool: Es zeigt die Zinnen einer Burg, auf denen ein Drache sitzt, der die Zunge heraussteckt. Ich dachte sofort: das kommt auf mein Cover und auch auf mein Tour-T-Shirt.

Bevor du bei Hole und den Smashing Pumpkins warst, hattest du eine eigene Band, Tinker. Warum hat es zehn Jahre gedauert, bis du dich zu einem Soloalbum durchringen konntest?

Als ich 2000 bei den Smashing Pumpkins ausgestiegen bin, da hatten wir gerade eine jahrelange Tour hinter uns. Ich war völlig ausgepowert. Es gab dann ein paar Angebote von verschiedenen Bands …

Welchen denn?

Metallica zum Beispiel, als die einen neuen Bassisten suchten. Jason Newsted war ja gerade ausgestiegen. Pink suchte einen Bassisten, eine ganze Menge Bands suchte damals Bassisten.

Aber?

Aber ich war gerade unabkömmlich. Ich nahm mir ein Jahr frei, um mich zu erholen, um wieder zu mir selbst zu finden – und zur Musik.

Wie verliert man denn den Zugang zur Musik, wenn man mit den Smashing Pumpkins tourt?

Hole und die Pumpkins, das waren einfach gewaltige, etablierte, total durchorganisierte Maschinen. Weißt du, ich bin von dieser kleinen Band, die ich damals mit meinem Freund in Montreal hatte, direkt ins Rampenlicht, ins Gehäuse dieser gewaltigen Maschinen geraten. Das hat mein Verhältnis zur Musik total verändert. So sehr? So sehr, dass ich ein Jahr brauchte, mich von diesem durchstrukturierten, vertraglich festgelegten, einfach nicht natürlichen Verhältnis zur Musik zu lösen. Ende 2001 war ich dann endlich bereit loszulegen. Da gab es Songs, an denen ich acht Jahre lang nicht gearbeitet hatte, die ich endlich zu Ende bringen wollte. Also ging ich ins Studio, nur ich und ein Produzent. Ich wollte mich nicht wieder an eine Band binden. Sondern rief einfach nur den Produzenten Chris Goss an, den ich sehr bewundere, und sagte: „Ich mache eine eigene Platte, ich bezahle alles selbst, und ich brauche dich, damit ich wieder hören kann, was Musik für mich eigentlich bedeutet. “ Und plötzlich war alles so leicht. Wir haben nur einen Monat lang aufgenommen – danach dauerte es elf Monate, bis ich im Studio alles richtig gemixt hatte. Nun sind tatsächlich zehn Jahre vergangen, seit ich bei Hole angefangen habe. Es beginnt eine neue Dekade, und es beginnt für mich ein neues Kapitel. Es fühlt sich perfekt an. Aber es hätte nicht früher passieren können.

Du hast im Schatten von Leuten wie Courtney Love oder Billy Coraan gespielt. War das bequem oder einengend?

Das war bequem! Es war eine Rolle, die sehr einfach zu spielen war. Ich hatte hilfreich zu sein, ich musste andere Leute unterstützen. Und ich konnte von diesen Leuten sehr viel lernen, durch die Beobachtung ihrer Talente und Fehler. Ich glaube, ich kann mich nicht beschweren.

Warum hast du keine neue, eigene Band gegründet?

Weil ich so lange an Bands gebunden war. Ich war sozusagen verheiratet, und jetzt will ich nie wieder heiraten. Ich genieße meine Freiheit. Ich hatte nicht das Glück eines John Paul Jones (Bassist von LedZeppelin, Anm. d. Red.), der einen großen Teil seines Lebens einer Gruppe widmete, die ein musikalisches Erbe ohne Beispiel hinterließ. Das hat viel zu tun mit der Magie, der Chemie zwischen diesen vier Individuen. Ich habe eine solche Magie nicht erlebt, als ich jung war, und ich werde sie jetzt auch nicht mehr entdecken.

Klingt resigniert.

Ich habe meine Liebe zur Musik entdeckt und in vieler Hinsicht meine Unschuld verloren. Sicher, da gab es unglaubliche Momente. Aber ich sehe keinen Grund, wieder durch die Hölle einer Band zu gehen.

Durch die Hölle?

Nichts anderes bedeutet es, ständig an der Beziehung zu den anderen Leuten arbeiten zu müssen. Ich glaube, ich kann mehr Magie produzieren, wenn ich zum Beispiel jemanden wie Josh Homme von den Queens Of The Stoneage für ein paar Stunden ins Studio einlade. Und dann sagen kann: Josh, danke und auf Wiedersehen“, das ist cool für ihn und cool für mich. Weil es in diesen drei Stunden nicht um Verträge oder Abhängigkeiten geht, sondern nur um die Musik. Niemand war da, um Geld zu machen oder so. Ich habe mich an diese Leute gewandt, weil ich weiß, was ihnen Musik bedeutet. Und die haben wiederum zugesagt, weil sie wissen, was mir die Musik bedeutet.

Dein Adressbuch muss eine Goldgrube gewesen sein.

Vielleicht, aber das klingt so berechnend. Das Album reflektiert meinen Traum, dass ich mit wem auch immer Musik machen kann. Egal, ob große oder kleine Namen. Es gibt auf dieser Platte keinen einzigen Ton, der nicht echt und authentisch wäre, denn ich will nichts anderes sein als ein unverstellter Mensch.

Trotzdem kann sich die Platte ja mit großen Namen schmücken.

Bestimmt – aber als ich sie traf, da waren sie noch keine großen Namen. Den Schlagzeuger Adam Willard (Rocket From The Crypt, Anmd Red) zum Beispiel habe ich das erste Mal 1992 gehört und es hat mich schier weggeblasen. Also habe ich ihn mir in mein Adressbuch eingetragen und im Hinterkopf behalten: Wenn ich jemals eine Soloplatte mache, dann rufe ich diesen Burschen an. Zehn Jahre später habe ich ihn dann tatsächlich angerufen, und er ist dabei.

Als Sängerin bist du bisher nicht aufgetreten.

Ich bin eine ausgebildete Sängerin, weißt du, und singe schon mein ganzes Leben. Früher kam mir meine Stimme aber zu süßlich vor, wie bei einem Chormädchen. Nichts für Rockmusik. Bei dieser Platte aber hatte ich keine Wahl und musste es akzeptieren. In den Bands hatte ich meistens eine „unterstützende Rolle“. Aber auf CELEBRITY SKIN von Hole kamen auf jede Gesangsspur von Courtney acht oder zehn von mir, in jedem einzelnen Song. Eigentlich sang ich bei Hole mehr, als dass ich Bass spielte. Ich half Courtney eben dabei, dass ihre Stimme besser klang. Im Studio, vor allem aber live.

Du bist es gewohnt, in riesigen Stadien auf der ganzen Welt zu singen …

… und jetzt spiele ich in kleinen, süßen Clubs.

Ist das besser?

Als ich mit meiner eigenen Band anfing, da spielten wir in Clubs, die halb so groß waren wie dieser Raum, in dem wir gerade sitzen. Mein erster Auftritt mit Hole war auf dem Reading Festival, wo die Menschen bis zum Horizont standen. Ich war völlig durcheinander, es ging von A sofort nach Z, alles dazwischen habe ich verpasst. Ich träumte davon, höchstens mal durch Amerika zu touren. Und stand plötzlich auf dieser gewaltigen Bühne. Also bin ich ganz froh, sozusagen dorthin zurückzukehren, wo ich angefangen habe. Außerdem ist es eine viel größere Herausforderung, in kleinen Clubs zu spielen. Wenn du da einen Fehler machst, hören das die Leute nicht nur, sie sehen es auch.

Du hast Fotografie studiert. Gehören optische Elemente zu einer richtigen Rockshow?

Bilder und Musik können sich im günstigsten Fall ergänzen. Für Musiker ist es zum Beispiel einer der angenehmsten Jobs, Soundtracks für Filme zu schreiben.

Wie du es für den kanadischen Independentfilm „Luck gemocht hast?

Ja, und ich hoffe, dazu bald mal wieder Gelegenheit zu bekommen. Es ist ein großartiges Gefühl, die Emotionen auf der Leinwand mit der Musik zu verstarken. Das Ergebnis kann doppelt so stark sein. Umgekehrt kann es auch richtig in die Hose gehen, wenn die Klänge von den Bildern ablenken. Oder wenn die Musik alles buchstäblich verdoppelt, was durch die Bilder der Interpretation des Zuschauers überlassen bleiben sollte. Dann wird es aufdringlich.

Klingt so, als würdest du Musik als Sprache begreifen.

Auf jeden Fall! Musik ist eine Sprache, die, weit unterhalb der textlichen Ebene im Unterbewusstsein gut versteckte Geschichten erzählen kann. Ein Deutscher beispielsweise versteht meine Texte vielleicht nicht, aber er fühlt sehr genau, wohin ich mit der Musik will – weil sie ihm etwas erzählt.

Wie wichtig sind dir denn die Texte?

Nicht annähernd so wichtig wie der Song, soviel ist sicher. Ich habe auch viel mehr am Songwriting gefeilt als an den Texten. Vielleicht wollte ich da auch wieder meine Unschuld bewahren. Ich vertraue mehr auf meinen Bauch als auf meinen Kopf. Und als Musikerin muss ich mich auf meine Instinkte verlassen. Ich habe es in meinem Leben immer so gehalten, ich folge meinen Träumen …

Sehr vert räumt wirkst du aber nicht …

Ich meine es auch buchstäblich: Ich träume viel, und was ich träume, schreibe ich morgens auf, wenn alles noch ganz frisch ist – manchmal Seiten weise. Und ich halte mich daran. Die meisten Songs auf dem Album sind eigentlich Träume. Weil ich an die Philosophie glaube, dass es unterhalb unserer Wirklichkeit etwas gibt, das größer ist als diese Wirklichkeit selbst. Gute, kräftige Texte können aber die Musik ebenso unterstützen wie gute optische Effekte.

Ich liebe Kyuss, ich hasse Bob Dylan. Ich kann damit nichts anfangen, weil ich mich mit diesen Texten nicht identifizieren kann. Meine Eltern lasen ein Buch nach dem anderen, ich bin davor in die Musik und in die darstellende Kunst geflüchtet. Ich bin kein belesener Mensch. Komisch eigentlich, ich benutze ja ständig Worte. Aber ich will meine Arbeit nicht mit Worten umwölken.

Eines der Klischees über Bassisten lautet, dass sie ruhige Typen wären. Du nicht?

Ich nicht?

Dos tvor die Frage.

Ja, ich bin ein ruhiger Mensch. Das witzige ist, dass ich in den zehn Jahren, in denen ich schon Bass spiele, mich immer mehr dem Instrument angenähert habe. Ich bin vielleicht in diese Rolle hineingewachsen.

Das Instrument hat dich also erzogen?

Es hat mich definitiv als Persönlichkeit geformt, ja. Deswegen weiß ich auch nicht, ob ich eine typische Bassistin bia Gibt es für dich noch richtige Helden an diesem Instrument?

Nick Olivieri von Queens Of The Stone Age auf jeden Fall, er ist der einzige andere Bassist auf der Platte und spielt dort auf zwei Songs. Nick ist einer der besten Bassisten, die ich je gehört habe. Ich meine, ich bin da viel einfacher gestrickt, Meine Songs schreibe ich auf der Gitarre, die Melodien schöpfe ich aus dem Gesang. Aber Nick ist einfach unglaublich. Wer noch? Hm, viele fallen mir da nicht ein. Zumindest nicht in dem Bereich von Musik, der mir was gibt.

Im Rock wird der Bass ja häufig unterschätzt.

Ganz bestimmt! Warte, Flea von den Red Hot Chili Peppers zum Beispiel ist ein toller Bassist. Hätte der auch auf meiner Platte spielen können? Sicher, aber es hätte ihn unterfordert. Der wäre eingeschlafen. Es ist schwierig, mit dem Bass anzugeben, weißt du. Großartig ist auch Eric Avery von Jane’s Addiction, er weiß, worauf es ankommt.

Worauf denn?

Die Qualitäten eines guten Rockbassisten bestehen einerseits in seiner Melodiösität und andererseits in seiner Fähigkeit, sich zurückzuhalten. Flea ist einer der wenigen funkigen Bassisten, die sich trotzdem dem Rock unterordnen können.

Ich schalte bei „Seinfeld“ jedes Mal ab, wenn dieser gestoppte Bass kommt…

Genau! Ich hasse Slapping! Es ist schrecklich, absolut unverzeihlich und grausam 1 . Manchmal denke ich,dass es daran liegt, dass ich weiß bin. Ich benutze höchstens mal ein Plektron, und das war’s dann auch. Ich bin jedenfalls definitiv keine Funk-Bassistin.

Eher ein Model?

Wie bitte? (die Zornesfalten knipsen sich an) Ein Model. Es gibt einige Modestrecken mit dir.

Ich würde sagen, dass ich für ein paar Shootings zur Verfügung stand. Vor allem wegen Hole. Courtney stand total auf dieses Modezeug, und da waren die Visagisten, die Klamotten, die Fotografen, und so ergab sich das. Bis zu meinem 18. Lebensjahr habe ich nie ein Kleid getragen, mit 22. habe ich mich das erste Mal geschminkt. Und mit 24 war ich in einer Rockband, wo es plötzlich Leute gab, die für unsere Haare verantwortlich waren. Aber ehrlich: Modeln ist so ziemlich der letzte Punkt auf der Liste der Dinge, die ich unbedingt abhaken will. Es gab wohl mal ein paar Designer, die ich promoten wollte und es gab coole Bilder, die ich für meine Mutter habe machen lassen.

Was ganz anderes: Am 11. September 2001 warst du in New York und hast drei Tage lang geholfen, die Rettungskräfte zu versorgen…

Ach, darüber will ich eigentlich nicht sprechen. Es geht mir auf die Nerven, dass nach dem 11. September jeder Musiker damit hausieren ging, wie sehr ihn das berührt hat. Ich meine: Wen hat es nicht berührt? Nur soviel: Als es passierte, war ich nicht überrascht. Ich fühlte mich eher ein bisschen … erleichtert?

Erleichtert?

Erleichtert darüber, dass es endlich passierte. Und dass vielen Leuten die Augen darüber geöffnet wurden, in was für einem System sie da eigentlich leben. Meine Mutter ist Amerikanerin und nach Kanada gezogen, weil sie mit der politischen Unkultur in den US A nicht mehr zurecht kam. Sie war eine sehr politische, feministische, intellektuell fortgeschrittene Frau. Ich stamme aus einer politisch sehr interessierten Familie. Mein Großvater war in Deutschland bei der Befreiung der Konzentrationslager dabei und immer sehr stolz darauf, auch aufsein Land. Er konnte es aber nie begreifen, dass den USA seit den sechziger Jahren immer mehr Hass entgegen schlägt. Einfach wegen der Politik und der Fehler, die dieses Land gemacht hat. Aber es ist ein junges Land und hat die vielen Fehler, Rückschläge, wie ihr sie etwa in Europa erlebt habt, einfach noch nicht kennen gelernt. Und mein größter Wunsch für 2004 ist natürlich, dass George W. Bush endlich abgelöst wird.

Wo siehst du dich in zehn Jahren, mit40?

Ich werde wahrscheinlich Kinder unterrichten. Wirklich, weil ich immer ein schlechtes Gewisssen hatte, „nur“ Musikerin zu sein und mich nicht mehr zu engagieren. Es ist eines der größten Probleme der USA oder Kanadas, dass die Kinder nicht vernünftig erzogen werden. Alles wird von gewaltigen Firmen bestimmt, die die Schlagzeilen diktieren, Und es wäre fantastisch, wenn man in den Kommunen unabhängiger und nachhaltiger erziehen könnte. Ich habe einfach ein sehr ausgeprägtes soziales Gewissen und daher die Gewissheit, dass ich mit meinem Leben noch mehr anfangen kann, als mich bis in alle Ewigkeit „musikalisch weiter zu entwickeln“.

Musik kann doch auch einen Teil dazu beitragen, diese Welt zu einem besseren Ort zu machen.

Absolut. Es wird immer machthungrige Arschlöcher geben. Und wenn uns die Musik nicht dabei hilft, in dieser von machthungrigen Arschlöchern regierten Welt ein klein wenig glücklicher zu sein, dann können wir gleich alle Selbstmord begehen. Jeder Musiker hat einen anderen Zugang zu seiner Kunst. Aber für die meisten, die ich kenne, ist es eine Art Religion.

Für dich auch?

Ja, ich habe diese Gefühle für Liebe, Musik und Menschen. Liebe ist der Grund, warum wir überhaupt hier sind. Und Musik ist die Sprache, diese Erkenntnis mit anderen Menschen zu teilen. Das ist es auch, was ich auf meiner Platte versucht habe: Eine Balance herzustellen zwischen dem Dunklen und dem Hellen, dem Maskulinen und dem Femininen. Ich weiß, dass ich eines Tages sterben werde. Und ich weiß, dass ich geboren wurde. Darauf läuft alles hinaus: Wie schaffe ich es, in der Zwischenzeit glücklich zu sein und Menschen zu umarmen, obwohl diese Welt eigentlich zum Kotzen ist?