John Bongiovi: Der nette Millionär von nebenan


Im Grunde hat John Bongiovi alles erreicht. Mit seinem Volkswagen-Deal ist er in den Olymp der Rock'n'Roll Großverdiener Jagger & Collins aufgenommen worden. Was treibt den geschäftstüchtigen Beau? Im ME-Interview spricht der smarte Frauenliebling über seinen neuen Film, über seine Rolle als Familienvater, die anstehende Tournee und das große Geld.

In seinem jüngsten Film ‚The Leading Man‘ hat Rock-Saubermann John Bongiovi ausnahmsweise mal Dreck am Stecken. Dabei fängt alles so harmlos an. Wie schon in ‚Moonlight And Valentino‘ (mit Whoopi Goldberg und Kathleen Turner) umgarnt der schöne John Bon auch in ‚The Leading Man‘ die holde Weiblichkeit (unter anderem Thandie Newton aus dem ‚Interview mit einem Vampir‘). Im richtigen Leben dagegen ist Berufsrocker und Filmbösewicht Bongiovi ein braver Familienvater. So wollte er auch während der dreimonatigen Dreharbeiten in London nicht auf Frau und Kinder verzichten. Dorothea Hurley sowie die beiden Jung-Bongiovis Jesse James Louis und Stephanie Rose waren stets in Johns Nähe. Im Musikgeschäft gilt Mr. John Bongiovi als einer der Cleversten. Nachdem er vor einigen Jahren seine Manager rausschmiß, begann er eigenhändig an seinem Erfolg zu arbeiten. Und siehe da —- es klappte. Sehr gut sogar. Die eingetragene Firma Bon Jovi gilt heutzutage nicht nur als eine der erfolgreichsten Acts des Pop-Universums, Mr. John B. zählt selbst zu den Reichsten der Rock-Oberliga. Grund genug, sich gut gelaunt und mit adretter Kurzhaarfrisur den Fragen unseres Mitarbeiters Robin Reeves zu stellen.

Als Musiker bist du so erfolgreich wie kaum ein anderer. Warum also dieser Film und warum genau diese Rolle?

Im Film bin ich der amerikanische Schauspieler Robin Grange, ein ausgesprochen unangenehmer, wirklich übler Typ — was für mich durchaus eine Herausforderung darstellt, denn dieser Kerl ist ganz anders als ich.

Was ist so gemein an der Filmfigur?

Robin heckt zusammen mit einem Drehbuchautor den Plan aus, dessen Frau zu verführen, damit sie nicht merkt, daß ihr netter Gatte eine Geliebte hat. Doch dann will er die Kinder des Drehbuchschreibers, seine Autos und zuletzt sogar seine Geliebte. Damit treibt er seinen ehemaligen Verbündeten langsam aber sicher in den Wahnsinn.

Nein, schließlich ist ‚Leading Man‘ ein erotischer Thriller. Außerdem ist Sex-Appeal auch Teil meines Jobs als Rockmusiker.

Hattest du nie Angst, als Schauspieler zu versagen?

Nein, sonst hätte ich mich gar nicht erst darauf eingelassen. Ich habe früher schon kleinere Rollen gespielt und dann bei den Dreharbeiten zu ‚Moonlight And Valentino‘ viel gelernt. Ich hätte keine neue Rolle übernommen, wenn ich mit dem Ergebnis der früheren Arbeiten nicht zufrieden gewesen wäre. Auf der Leinwand kommen Fehler viel deutlicher rüber als sonstwo. Niemand würde ernsthaft als Schauspieler arbeiten, wenn nicht wenigstens er selber von den eigenen Qualitäten überzeugt wäre, oder?

Du bist jetzt 34 Jahre alt. Wann hast du eigentlich deine Liebe zum Film entdeckt?

Im Grunde schon in meiner Kindheit. Wir haben uns zu Hause viele Filme angesehen, und ich bin gern ins Kino gegangen, besonders in Western. Als ich dann später die Musik zu ‚Young Guns II‘ schrieb und eine kleine Rolle in diesem Streifen übernahm, wurde es langsam ernst mit meinem Interesse an der Filmarbeit. Um professionell an diesen Job heranzugehen, nahm ich heimlich volle fünf Jahre lang Schauspielunterricht.

Bist du im Filmgeschäft auf Vorurteile gestoßen, weil du im Hauptberuf Musiker bist?

Natürlich. Das war ein echtes Problem. Immer wieder mußten sich die Verantwortlichen diesen Satz anhören: ‚Nehmt bloß keinen Rockstar!‘. Aber bei meinem ersten Film mußte ich genauso vorsprechen wie jeder andere Kandidat auch. Am Ende aber hatte ich es geschafft. Ich hatte mich gegen all die anderen Schauspieler durchgesetzt.

Und jetzt? Hast du nun vor, dauerhaft nach Hollywood zu gehen?

Auf gar keinen Fall! Meine erste Leidenschaft ist immer noch die Musik. Die Schauspielerei ist mehr so eine Art Hobby. Aber beides ist heutzutage oft nicht mehr zu trennen. Ich habe ein Haus in Malibu. Dort merkt man schnell, daß in L.A. anscheinend jeder jeden kennt. Ganz einfach deshalb, weil eben viele Schauspieler da wohnen. Im Musikbusiness ist alles viel weiter verstreut und breiter gefächert, was mir persönlich mehr zusagt — man trifft nicht dauernd andere Bands.

Trotzdem begleitet dich die Musik auf Schritt und Tritt. Oder warum hast du neben deiner Arbeit als Schauspieler für den Soundtrack zu ‚Leading Man‘ auch einen Song geschrieben?

Weil es eine ganz eigene Erfahrung ist, an einer Rolle zu arbeiten und gleichzeitig den Song zum Film zu schreiben. Das Stück heißt ‚In The Name Of Love‘. Und während der Dreharbeiten war ich dann dermaßen gut in Fahrt, daß ich gleich noch ein paar Songs mehr geschrieben habe.

Musik also immer und überall?

Es ist ganz einfach so, daß mir Musik schon immer sehr viel bedeutet hat. Allerdings bin ich mir meiner Verantwortung als Songwriter durchaus bewußt, denn Lieder können viel bewirken. Sie können zum Beispiel all jene Menschen beeinflussen, die an das glauben, was ihnen ein bestimmer Song vermittelt. Musik, so viel ist sicher, gehört zu den wichtigsten Dingen in unserem Leben.

Du bist seit vielen Jahren weltweit mit deiner Musik unterwegs. Freut man sich da noch auf eine Tournee?

Die Konzerte im Sommer kommen genau zur richtigen Zeit. Aber glücklicherweise sind es diesmal nicht so viele. Ich kann mir nicht vorstellen, daß mir eine Mammuttour momentan besonders gut gefallen würde. Lieber ein paar riesige Konzerte, als viele kleine. Es ist doch viel besser, live zu spielen und Spaß dabei zu haben, statt völlig ausgelaugt auf der Bühne zu stehen, weil man ständig auf Achse ist. Ich habe keine Lust darauf, mich am Ende nur noch nach meinem eigenen Bett zu sehnen.

Und was, wenn du mal einen schlechten Tag erwischst und trotzdem singen mußt?

So was ist schrecklich. Wenn mir das passiert, mache ich mir das Leben ziemlich schwer. Aber da muß man wohl durch.

Haben die Bandmitglieder von Bon Jovi auch abseits von Bühne und Studio viel mitander zu tun?

Wenn wir unterwegs sind, unternehmen wir natürlich viel zusammen. Ganz einfach deshalb, weil wir uns gut verstehen. Trotzdem hat jeder seine eigenen Interessen. Tico zum Beispiel (gemeint ist Drummer Tico Torres/die Red.) hat seine Malerei.

Gibt es innerhalb des sonst so florierenden Unternehmens Bon Jovi auch schon mal Streit?

Wir würden uns bestimmt streiten, wenn wir noch mal eine endlos lange Tournee durchstehen müßten. Ich will nicht wieder dieses schreckliche Stadium erreichen, das den Zusammenhalt der Band gefährdet. Das haben wir schon einmal mitgemacht. Inzwischen haben wir gelernt, das Gleichgewicht zu wahren.

Was könnte dich dazu veranlassen, die Band zu verlassen?

Wenn ich mich auf Schritt und Tritt mit Bodyguards umgeben müßte, würde ich sofort aufhören. Das wäre kein Leben für mich. Ich versuche, ein weitgehend normales Leben zu führen. Ich verstehe mich mit den Nachbarn, gehe in die Kneipe um die Ecke, kaufe ein. Ich könnte es nicht ertragen, völlig isoliert zu leben und meine Freiheit aufzugeben. Nichts könnte diesen Preis rechtfertigen.

Dann lebst du also gar nicht wie ein Rockstar?

Nein. Ich habe kein Interesse daran, mich mit Schmuck und teuren Klamotten zu behängen. Ich bin kein extravaganter Typ. Ich sehe auch keine Notwendigkeit darin, in Hotels die teuersten Suites zu belegen. So was ist für mich reine Verschwendung.

Trotzdem hast du dir ein eigenes Flugzeug gekauft.

Das Flugzeug ist für die ganze Band bestimmt — um die Tourneen für uns alle angenehmer zu machen. Irgendwann hat man die Nase voll vom Leben im Tourbus. Ich hasse diese Dinger. Dieses Flugzeug soll uns vor dem totalen Wahnsinn retten.

Du giltst als einer der besten Geschäftsmänner im Business…

Danke, ich fasse das als ein Kompliment auf.

…dein Deal mit Volkswagen für deren Sondermodell Bon Jovi hat dich auf die gleiche Stufe wie die Rolling Stones und Phil Collins gestellt.

Auch das fasse ich als ein Kompliment auf.

Sind das die höchsten Weihen des Kommerz?

In der Frage ist ein negativer Unterton. Ich glaube nicht an den albernen Vorwurf, daß man mit der Vermarktung seiner Musik den Rock’n’Roll verrät. Rock hat doch schon lange nichts mehr mit Rebellion zu tun.

Aber angeblich sollst du nicht einmal die Hälfte von dem bekommen haben, was die Stones für ihre VW-Aktivitäten erhalten haben.

(lacht) Ehrlich? Haben die wirklich sooo viel bekommen? Nun aber Spaß beiseite — über die Details solcher Verträge rede ich nicht, besonders nicht über die Höhe von Geldbeträgen.

Trotzdem -— wären deine Songs nicht ehrlicher, wenn sie nicht mit Firmenlogos versehen wären?

Nein. Warum?

Was wäre dann der nächste logische Schritt – Reklame für Seife?

Warum nicht, wenn’s nicht ein Schritt zurück wäre? Aber nochmal — ich sehe keinen Verrat meiner Ideale in der Vermarktung meiner Musik. Das Geschäft, in dem wir beide uns befinden, ist ein Geschäft. Ganz einfach. Wie Filme, wie Fernsehen, wie Zeitschriften. Und wenn ich mit etwas, das ich liebe, viel Geld verdiene, ist das doch toll. Erfolg ist gut, das heißt, die Menschen lieben, was ich tue. Und wenn ich wegen meines Erfolges gute Angebote bekomme, ist das noch besser. Egal ob es Filmrollen sind, oder Werbeaufträge.

Wofür gibst du denn sonst noch Geld aus?

Für meine Familie. Ich habe mehrere Häuser, die natürlich eine Menge Geld kosten. Aber das tut mir nicht leid. Hauptsache, man kann die Miete bezahlen. Im übrigen macht es mir sehr viel Spaß, meiner Familie Geschenke zu machen und sie glücklich zu sehen.

Kann man denn als Vater dem Image des rebellischen Rock’n’Rollers überhaupt gerecht werden?

Diese Rebellenphase hatte ich lange hinter mir, als ich Vater wurde. Und wiederholen will ich sie auf keinen Fall. Das wäre ein Schritt zurück. Natürlich machen Rockbands dann und wann verrückte Sachen, und ich wünsche ihnen viel Spaß dabei. Aber ich persönlich lasse lieber meine Musik für mich sprechen. Als Vater wird man verantwortungsbewußter. Deine Kinder vertrauen dir und bewundern dich. Da sollte man nicht sturzbetrunken nach Hause kommen und Mobiliar zertrümmern.

Trinkst du überhaupt nicht mehr?

Nur manchmal noch. Inzwischen aber lieber Wein als Bier. Ich kann noch ganz gut mithalten.

Du wirkst ausgesprochen glücklich. Deine Songs dagegen handeln meist von Schmerz und enttäuschter Liebe. Warum?

Ich habe das alles selbst mitgemacht, und aus diesen Erfahrungen heraus entstehen meine Texte. Den Liebeskummer habe ich bis heute nicht vergessen. Wahrscheinlich bin ich in der Tiefe meines Herzens wirklich ein alter unverbesserlicher Romantiker.