FindFace: Mit einem Foto alles über Fremde herausfinden


Katastrophal für die Privatsphäre oder ein Beitrag für mehr Sicherheit? Mit einer Gesichtserkennungs-App feiern zwei Russen derzeit Erfolge.

Stellt Euch vor, ein Fremder macht auf der Straße ein Bild von Euch, während ihr nichtsahnend und entspannt im Café sitzt. In kürzester Zeit kann der Unbekannte anhand des Fotos Eure Social-Media-Profile ausfindig machen und somit in Erfahrung bringen, wer Ihr seid, was Ihr so macht, wer Eure Freunde sind. Klingt ziemlich beängstigend? In Russland wird diese Vorstellung dank einer Bilderkennungs-Software langsam zur Realität.

Ein Foto scannt 200 Millionen Accounts

Der 29-jährige Alexander Kabakov und Artem Kukharenko, 26,  haben in Moskau das Start-Up NTechLab gegründet und mit einer App namens FindFace offenbar den Nerv der Zeit getroffen. Die Software erkennt Gesichter auf Fotos und macht in kürzester Zeit die Internet-Präsenz der Person ausfindig. Anfragen von Unternehmen gehen bei den Gründern quasi täglich ein, denn mit einer Erfolgsquote von 73 Prozent bei einer Million ausgewerteter Bilder ist die Software deutlich genauer als Googles FaceNet.

Die Erfindung bringt seine Vorteile mit sich: Die Software kann an Überwachungsvideos gekoppelt werden und so können Kriminelle in Sekundenschnelle ausfindig gemacht werden. Die Software könnte sogar automatisch die Behörden darüber informieren, falls ein Verbrechen vorgefallen ist oder ein gesuchter Täter gesichtet wurde.

Kabakov und Kukharenko haben ihre Software aber zunächst auf ein soziales Netzwerk losgelassen. Nutzer von VKontakte, dem russischen Facebook-Pendant, können anhand von FindFace die 200 Millionen Accounts scannen lassen und die von ihnen gesuchte Person finden. Das Interesse daran ist natürlich groß. Die Bedenken aber auch.

Großes Interesse trotz Protesten

Gesichtserkennung ist keine brandneue Idee. Unternehmen wie Facebook, Google und Microsoft beschäftigen sich schon seit Jahren damit. Proteste gegen eine App wie FindFace werden immer größer werden – ein Fotograf knipste zuletzt Frauen in der U-Bahn, um zu beweisen wie schnell man Informationen über eine bestimmte Person herausfinden kann. Er nannte das Projekt „Your face is big data“. Doch auch kritisch gemeinten Aktionen das schränken den Erfolg von Unternehmen wie NTechLab bisher nicht ein. „Wir verhandeln auch mit großen sozialen Netzwerken außerhalb von Russland und mit mittelständischen Unternehmen in Europa“, sagt Kabakov im Gespräch mit „Wired“.

Er gibt auch an, der Polizei in Moskau bereits häufig geholfen zu haben. In der russischen Hauptstadt arbeiten bereits 150.000 Kameras mit der Software der beiden Start-Up-Gründer. Nach eigenen Angaben Kabakovs sollen auch bereits Verhandlungen mit Unternehmen, die im europäischen Grenzschutz tätig sind, laufen.