Die unfreiwillig unterhaltsamen Momente beim ESC-Vorentscheid 2016
Der diesjährige Vorentscheid für den Eurovision Song Contest, „Unser Lied für Stockholm“, war nach dem Naidoo-Desaster aus der Not geboren. Unterhalten hat er uns trotzdem - nur nicht so, wie es die Macher wollten.
Noch ist ein wenig Zeit bis zum Eurovision Song Contest, der am 14. Mai 2016 im Ericsson Globe im schwedischen Stockholm stattfindet, aber Peter Urban nutzte den gestrigen deutschen Vorentscheid, „Unser Lied für Stockholm“, schon einmal um sich für seinen großen Abend als „ESC-Urgestein“ und „ESC-Kommentatorenlegende“ warm zu machen.
Hier eine kleine Auswahl aus Urbans rhetorischen Perlen:
- Sein Kommentar zum Auftritt des Schwestern-Duos Joco: „Was für ein symphatischer Auftritt der beiden talentierten Schwestern Joco. Moderner Pop mit Folk-Anleihen. Kein Wunder, dass ihre Kinder solche Musik so gerne hören, liebe Eltern.“ – Liebe Eltern, wenn Peter Urban denkt, Ihre Kinder hören solche Musik, bedeutet das ganz eindeutig, dass sie solche Musik ganz sicher nicht hören.
- Nach dem Auftritt der NRW-Radiorock-Band Luxuslärm: „Luxuslärm mit ihrer tollen Frontfrau „Jini„ Meyer, die richtig eine von uns ist, ohne Flausen im Kopf.“ – Stimmt. Schönste Seniorenunterhaltung bot das Quintett da (dazu später mehr). Wenn Luxuslärm toll sind, wünschen wir uns doch lieber einen Kanye West mit „ganz vielen Flausen im Kopf.“
- Sein „Geheimrezept“ für einen ESC-Hit: „Es muss etwas passieren, einen berühren, ein Groove, ein Hook (sic!). Gänsehautkribbeln. Dann läuft das.“ – Wir haben mitgeschrieben. Herausgekommen ist „Cherry Cherry Lady“ von Modern Talking.
- Zum Outfit der Siegerin Jamie-Lee Kriewitz: „Das war kein Weihnachtsschmuck auf dem Kopf. Das war Manga.“ – Liebe ARD, wie wäre es das in Serie zu bringen? „Peter Urban erklärt Jugendbewegungen“ – wir würden sicherlich einschalten! (Also, manchmal…)
Es war ja auch nicht alles schlecht beim ESC-Vorentscheid. Einige Acts haben sich wirklich bemüht, Stimmung in den bestuhlten Kölner Saal zu bringen. Luxuslärm (ja, die mit der tollen flausenlosen Frontfrau!) haben die Halle wohl nur anscheinend mit einem Schützenfestzelt zur Mittagszeit und das gesetzte ARD-Publikum mit rotzevollen Schützenbrüdern vertauscht. Wenn Peter Urban die verzweifelten und hochgradig peinlichen Animationsversuche von „Jini“ Meyer „toll“ fand, muss er in Micky Krause wohl einen Halbgott der Unterhaltung sehen.
Schlimmer anzusehen war da nur Hupfdohle Christian Friedel, der mit seiner von Til Schweiger gepushten Band Woods Of Birnam einen laschen Polarkreis-18-Abklatsch boten. Ach, Moment: Woods Of Birnam bestehen ja zu 4/5 aus Polarkreis-18-Mitgliedern. Verrückt. Dann verwundert uns der schwülstige Gesang und das aufdringliche Hoppel-Hase-Gehabe von Friedel nur noch minimal.
Nachdem die ARD sich selbst torpediert hatte und ihren Entschluss, Xavier Naidoo für Deutschland nach Stockholm zu schicken, revidiert hatte, hat Ralph Siegel anscheinend noch einmal Lunte gerochen. Der 70-jährige Produzent und ESC-Dauerbrenner schneiderte der 19-jährigen Laura Pinski eine moldawische Trauerballade auf ihren animierten Leib und war vor der Entscheidung des Publikums angespannt wie ein 13-jähriger vor seinem ersten Date. Vor lauter Nervosität suchte Siegel einen Gegenstand zum dranklammern und fand diesen Ruhepol in Barbara Schönebergers Mikrofon. Beinahe verzweifelt versuchte die Show-Moderatorin Siegel das Mikro aus seinen zittrigen Händen zu reißen, doch der setzte es immer wieder an seine Lippen an. Da konnte sich selbst Smudo, Jamie-Lee Kriewitz‘ Erwachsenenbegleitung des Abends, ein Kichern nicht verkneifen.