Wire
Wire
Pink Flag/Cargo 17.04.2015
Die Punk-Veteranen zeigen sich von ihrer milden Seite.
Vielleicht sollte man dieses Pferd von hinten aufzäumen und mit dem finalen Song „Harpooned“ beginnen. Acht Minuten lang weichen Wire vom Kurs ab, die Gitarren kommen nicht hart und reduziert, sondern in Schichten. Das Schlagzeug schleppt, verweigert die knochentrockenen, motorischen Rhythmen, überall tauchen Keyboard-Sounds auf – es entsteht ein düsteres Klangkonglomerat.
Der grandiose, recht untypische Schlusspunkt der Band für ihr dreizehntes Album Wire zeigt, wie wenig sich die Art-Punks aus London als Nachlassverwalter des eigenen Erbes sehen. Große Teile von WIRE wurden zunächst live während der Shows gespielt und erst dann für das Album in Form gegossen. Typisch für Wire, die sich bis heute weigern, Konzerte auf Best-of-Veranstaltungen zu reduzieren.
Dieser Blick nach vorne hält eine Band zusammen, die immer noch einzigartig und vertraut klingt. Weniger hart, aggressiv, schnell und spartanisch diesmal, dafür häufiger melancholisch, melodiös und im Mid-Tempo. Colin Newman, Robert Grey und Graham Lewis holten den um dreißig Jahre jüngeren Gitarristen Matthew Simms endgültig ins Boot, nachdem er 2012 zum Trio stieß, ein Jahr später an CHANGE BECOME US mitwirkte und als Konsequenz jetzt auch am Songwriting-Prozess beteiligt ist. Die drei Urmitglieder sprechen zufrieden von einer neuen Dynamik, die mit Simms in die Band gekommen ist. Eine stereotype Aussage zwar, aber auch eine, die durch elf durchweg gute Songs untermauert wird.