Coldplay
Viva La Vida
Parlophone/EMI 10.07.2008
Es gibt nicht wenige, die behaupten, U2 hätten ihren lang anhaltenden Erfolg hauptsächlich Brian Eno und seinen kreativen Kicks zu verdanken. Unbestritten ist, dass die Talking Heads so lange außerordentlich gut waren, wie die Achse Eno-Byrne stand. Was der Mann für Roxy Music bedeutete, muss man nicht lange erläutern. Nun haben sich auch Coldplay den enigmatischen Engländer geschnappt. Das ergibt Sinn. Ein besseres Album mit besseren Songs als auf PARACHUTES wird es von dieser Band nicht mehr geben. Radikale Stilbrüche sind von ihr nicht zu erwarten, die Neigung zum Experiment darf man Coldplay getrost absprechen. Bleibt nur die Möglichkeit, den bewährten Stil mit mehr Sound aufzupeppen.Da ist Eno der beste Helfer, den man sich denken kann. Praktisch vom ersten Moment an katapultiert er Coldplay in einen unglaublich breit angelegten Klangraum. Jeder Akkord scheint atmosphärisch nachzuhallen. So erhält Musik, die eigentlich nichts Besonderes an sich hat, doch noch den Anstrich des Extraordinären. „Lost“ etwa ist sehr eingängig, entwickelt aber durch perkussive Elemente und Kirchenorgeln einen andersartigen Drall. Derselbe Effekt entsteht in „Cementeries Of London“ durch den Gebrauch von Kastagnetten und in „Yes“ durch orientalisch anmutende Streicher. In „Viva La Vida“ spielt ein Orchester auf. So abwechslungsreich klang es bei U2 noch nicht. Allerdings halten die Iren in der Regel genügend einprägsame Songs parat, die Überaufwand nicht nötig machen. Auf VIVA LA VIDA kristallisiert sich kein Song heraus, der die nächsten zwei Jahre alles in den Schatten stellen könnte. Stattdessen darf man Chris Martin bei dem Versuch bestaunen, wie er die Rolle des Stadionbeschallers mit der des ernstzunehmenden Künstlers in Einklang bringt. Was ja durchaus schon mal etwas ist.