Palais Schaumburg :: Palais Schaumburg

Bureau B/Indigo

Eine Band, die gerne „sperrig“ genannt wurde: dreieckige Popmusik mit Augen, die mehr sahen als die Punks von nebenan.

Als die Plattenfirma Polygram 1981 das Debüt dieser hochnervösen Jungmännercombo aus Hamburg veröffentlichte, hat sie wahrscheinlich selber nicht daran geglaubt, dass man Palais Schaumburg verkaufen konnte; das war doch arg dilettantisch, irgendwie sperrig und verwirrend. Diese Musik spielte noch in den Ruinen des Punk, sie trat aber mit dem Wissen in die Welt, dass es eine Zukunft gibt, wenn man sich mit offenen Ohren in der Vergangenheit umtut. Palais Schaumburg konfrontierten Pop mit weit entfernten Kunsttechniken und -traditionen und lösten damit kaum bekannte chemische Reaktionen aus: Dada-Funk-Explosionen, Kunstlied-Elektronik, die ins Atonale driftete und doch nur die Töne zu einer Kinderoper suchte (die Hindemith-Adaption „Wir bauen eine neue Stadt“). Diese Wiederveröffentlichung erinnert auch daran, was aus deutscher Popmusik hätte werden können, wenn die lustigen Neue-Deutsche-Welle-Musikanten nicht so schnell das Feld übernommen und runde Hits produziert hätten, für ein, zwei Spielzeiten jedenfalls. Palais-Schaumburg-Songs waren dreieckig. Immer mit einer Spitze und an den scharfen Kanten der beiden Seiten konnte man sich richtig schneiden. Die Musik hatte auch Augen, die sahen mehr, als die Punks von der Homebase nebenan sehen wollten: „Eine Geschichte, eine Geschichte sieht aus wie ein Hochhaus.“ Thomas Fehlmann generierte eine tolle Stakkato-Blasmusik. Die immer klang, als hätte man sie durch einen Zickzack-Kanal geschickt. Das hat vorher und nachher kaum jemand so hingekriegt. Und Palais Schaumburg hatten Holger Hiller, der auf 37 verschiedene Arten bellen und lallen konnte – gegen die Grooves, die konsequent über sich selbst stolperten. Heute erschrickt man kurz: War das etwa schon Dubstep? Nicht zu vergessen, das berühmte „Grüne Winkelkanu“, das sie erfunden haben, dem dann im Palais der Marsch geblasen wurde: „Nimm die Flossen von meiner Frau, ich stopf dir das Maul.“ Etwas drauf gelegt für die Schaumburg-Fangemeinde hat das Label Bureau B natürlich auch: LP und CD enthalten alle Stücke, die die Band vor diesem Debüt aufgenommen hat, und einen Konzertmitschnitt in Holland. Auf der limitierten Doppel-LP werden zusätzlich vier Live-Tracks zu hören sein, aus der Mitte des Publikums. Da durften Fans Schaumburg-Songs mit Bandbegleitung singen, einer dieser Fans hieß Andreas Dorau.