Die Vocals machen den Unterschied: sensationeller Synthie-Pop.

Wir müssen über den Sänger reden. Wenn Future Islands aus Baltimore ihre Songs beginnen, erwartet man zunächst luftige, smarte und klare Vocals, wie man sie von Ed Droste (Grizzly Bear) oder Ezra Koenig (Vampire Weekend) kennt. Doch Samuel T. Herring macht es anders. Vielleicht so: Man stelle sich Lambchops Kurt Wagner vor, der gerade einen Crash-Kurs bei Joe Cocker besucht hat. Herring legt alles in seine Stimme hinein; auf der Bühne rekelt und windet er sich wie ein angeschossenes Tier.

Erstaunlich, dass seine beiden Mitstreiter, Keyboarder und Beatbauer Gerrit Welmers sowie Saitenmeister William Cashion, dazu eine zumeist abgeklärte Musik zwischen Synthie-Pop und Indierock spielen. Das wirkt auch auf dem dritten Album dieser Band zunächst so irritierend wie ein Barbecue in einem veganen Restaurant: Was hat dieser Hitzkopfsänger in dieser kühlen Klanglandschaft verloren? Aber es dauert nicht lange, dann geht einem ein Licht auf: Es ist großartig, wie Herring mit seiner Stimme diese Songs vorantreibt.

„Seasons Waiting On You“ ist ein gutes Beispiel: Vielleicht hätten Future Islands mit einem solchen Stück in den 80er-Jahren Millionäre werden können, die Kühle der Keyboards, eine markige Springsteen-Gitarre im Refrain und Herring als Ostküsten-Cocker mit ganzem Herzen dabei. Bei „Light House“ hält sich der Sänger zunächst zurück, lässt den Song laufen, folgt der Melodie, bevor er sich in den Harmonien suhlt: die Erfindung des Blue-Eyed-Synthie-Soul! Absolut erstaunlich auch „Fall From Grace“, das wie ein Kellertrip von Fields Of The Nephilim beginnt und als Emo-core-Schleicher endet. Auch wenn es wie die abgedroschenste Kaufempfehlung im Teleshopping-Kanal klingt: Diese Platte muss man jetzt hören!