Die Band aus L.A. mit ihrem zweiten Album. Nennen wir es positive Existenzialistenmusik.

Im Oktober vergangenen Jahres erschien nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit eine 12-Inch mit dem schönen Titel „Art Department Presents Martina Topley-Bird Feat. Mark Lanegan & Warpaint: Crystalised“. Versuchen wir das aufzuschlüsseln: kanadisches Soul-House-Duo präsentiert ehemalige Sängerin von Tricky und Massive-Attack-Assoziierte, die gemeinsam mit ehemaligem Mitglied von Screaming Trees und Queens Of The Stone Age unter Beteiligung der Band, um die es hier geht, die erste Single eines britischen Indie-Pop-Electronica-Trios covert – The xx, für die Unwissenden. Die beiden Nachrichten, die sich dahinter verbergen: (nicht erst) 2014 gibt es kein Schwarz und Weiß mehr in der Popmusik, kein Wir und Die, kein Rock und Elektronik. Es sind die Zwischentöne, die die gute Musik ausmachen. Und – viel wichtiger: die These der soundästhetischen Verwandtschaft von Warpaint zu The xx wird durch die Single mit dem Monstertitel auf eine Grundlage gestellt.

Warpaint sind formal und vom Phänotyp her eine Rockband. Da stehen vier Frauen auf der Bühne und spielen Gitarre, Bass, Schlagzeug, Keyboard, aber musikalisch steckt da viel mehr dahinter: Emily Kokal, Theresa Wayman, Jenny Lee Lindberg und Stella Mozgawa ermöglichen denen, die bereit sind, sich darauf einzulassen, den Eintritt in musikalische Zwischenwelten, in denen viel mehr passiert als es die vordergründige Ereignislosigkeit dieser Musik erahnen lässt.

THE FOOL, das Warpaint-Debütalbum von 2010, vereinte folkpoppigen Minimalismus, ätherische Ambience und dezente Psychedelia zu einer Musik, die die damals gerade einmal angesagteste Band mit dem jüngsten Retrotrend unter einen Hut brachte: The xx und Dream Pop. Das zweite Album des Quartetts aus Los Angeles heißt so wie die Band: WARPAINT, was immer als Ausdruck der Selbstfindung gewertet wird. Auffällig im Vergleich der beiden Alben: Das Dunkelgrau in den Liedern von Warpaint hellt sich auf, wird zu pastellenen Tönen, aber es ist immer noch eine Art positiver Existenzialistenmusik, die Warpaint spielen, natürlich ist sie auch hoch artifiziell, weil sie im festen Willen entstanden ist, Kunst zu werden.

Was es gilt, hinter dem Hall und dem dreistimmigen Harmoniegesang zu entdecken: rückwärts laufende Gitarren, der Hauch einer Kickdrum, das Gezupfe eines akustischen Basses, ein angedeuteter House-Beat. Die Psych-Folk-Sängerin Linda Perhacs, die gerade wieder in aller Ohren ist, hat vor 44 Jahren mit ihrem Album PARALLELOGRAMS ein Angebot gemacht für eine Folkmusik mit dezenten elektronischen Beigaben. Vergleichen Sie mal das Cover der Perhacs-LP mit dem von WARPAINT.