Mazzy Star
Seasons Of Your Day
Rhymes Of An Hour/Rough Trade
Ihr letztes Album erschien 1996. Trotzdem ist alles so wie immer. Das wunderbare kalifornische Duo lebt weiter in seiner eigenen Traumwelt.
Hope Sandoval singt, als schwebe sie gedankenverloren durch den Raum. David Roback begleitet sie mit gefühlvoll gesetzten Akkorden. Es steckt aber auch ein Hauch von Euphorie im Opening-Track namens „In The Kingdom“, nicht zuletzt wegen einer sehr präsenten Orgel, die ein Gefühl wie bei einer kirchlichen Trauung aufkommen lässt. Der feierliche Rahmen erscheint angemessen für den Anlass. Mazzy Star sind zurück! Das ist eine Nachricht, über die es zu reden gilt. In den 90er-Jahren, als alles wild drunter und drüber ging, verbreiteten Sandoval und Roback mit ihrer Musik eine Stimmung wie auf einer Insel der Ruhe.
Sie kam aus dem Nichts und hauchte mysteriös. Er entstammte der kalifornischen Neo-Paisley-Szene der 80er-Jahre und kannte sich auch auf den Gebieten von Country und Folk aus. Drei Alben haben Mazzy Star aufgenommen. Alle hörten sich in etwa ähnlich an. Das machte aber nichts, weil nur Hope Sandoval und David Roback diese Musik machen konnten.
Auch mit ihrem vierten Album SEASONS OF YOUR DAY setzen sie voll auf Kontinuität, 17 Jahre Pause hin oder her. „California“ erscheint wie ein Zentrum psychedelischer Träume, passend zum Oberthema dieser Ausgabe. Hope Sandoval singt von der Natur, vom Ozean und vom glasklaren Himmel, von Freunden und Glocken. Trotz ihrer bedächtigen Art steckt viel Überzeugung in den Worten über den Sehnsuchtsort. Was sie dazu gebracht hat? Wie immer bei Mazzy Star war auch nicht viel über die Hintergründe dieser Produktion zu erfahren. Mehr als ein Hinweis auf „Musik für Liebende, Musik für gebrochene Herzen“ ist nicht drin. Als ob das nicht ohnehin offensichtlich wäre!
Melancholische Momente gibt es selbstverständlich auf SEASONS OF YOUR DAY. „Common Burn“ ist wie eine Wunde, auf die eine traurige Träne kullert. „Simple things like your overcoat and your beauty that are still burnin’ me, let me hang around, even if it’s just some way to have a common burn“, fleht Sandoval. Das geht unter die Haut. Das hört sich ehrlicher als vieles andere an, was in der Musikwelt zuwege gebracht wird. Auch deshalb, weil diese Band nicht viel Aufhebens macht. Der Minimalismus ist nach wie vor ein treuer Wegbegleiter von Mazzy Star. Meistens beschränkt sich das Duo auf den Klang von Stimme, Gitarre und vorsichtig rumpelndem Schlagzeug. Ausnahmen gibt es wenige. Am ehesten dann, wenn David Roback, der während der Abstinenz der Band wenig in Erscheinung trat, gesteigerte Lust zum Ausdruck bringt. Am Schluss, in „Flying Low“, spielt er die Blues-Gitarre kraftvoll und emphatisch. Sonst überlässt er der Traumfrau Hope Sandoval den Vortritt. So, wie es sich für einen gut erzogenen Mann gehört.