Was vom Afro-Pop übrig blieb: Die Foals aus Oxford spielen ihren großzügig angelegten Pop auf ihrem dritten Album ganz besonders funky.

Was auch immer man jetzt von den Aussagen mitgenommen hat, die seit Ende August über das neue Foals-Album herumschwirrten, oder in welchen musikalischen Sumpf man Holy Fire prophylaktisch bereits verortet hat. Vergesst es. So klingt das Album nicht. Wer sich früh genug darauf eingestellt hatte, dass Foals, die einstige Vorzeigeband des verspielten Math-Rock, für ihr drittes Album auf die Feststelltaste hauen und dann „Pop“ tippen, kann sich freuen. Holy Fire verlässt sich nicht mehr auf die jugendliche Dringlichkeit des fünf Jahre alten Erstlings und ist auch nicht mehr so subtil melancholisch wie der Nachfolger. Stattdessen gibt sich die Band als eine mit Plan. Oxford haben sie zu großen Teilen hinter sich gelassen, die Musik kommt jetzt vornehmlich aus London. Foals wissen, wo sie hinwollen – und das ist mit großer Pop-Gewalt in jedes erdenkliche Ohr. Geholfen hat ihnen dabei nicht nur das Produzentenduo Alan Moulder und Mark Ellis alias Flood. Mit Nachhilfeunterricht bei Prince und seinem Verständnis von Funk wird aus dem viel zu kurzen „My Number“ ein Ohrwurm maximaler Größe. Der Refrain trägt den ganzen Song. Kunststück, aus viel mehr besteht er auch nicht. Aber er will und will nicht mehr aus dem Gedächtnis weichen. Auch „Late Night“, Lieblingssong von Sänger Yannis, kann nach dem aufbäumenden Refrain seine Funk-Muskeln im Outro nicht verstecken. „Inhaler“ liegt viel am Groove, greift im Refrain aber auch nur zu gerne auf Schreitherapie zurück. Ein merkwürdiger Song, der ein paar Runden braucht, bevor er endgültig zündet. „Bad Habit“ ist dann schon fast zu groß für seine Pläne. Er breitet sich bei dem mächtigsten und wohl oder übel U2-igsten Chorus der siebenjährigen Bandgeschichte aus, bricht nach drei Minuten aber mit dem Pomp und versöhnt sich mit allen, die den Trademark-Sound der Band vermissen, wenn die flirrenden Insekten-Gitarren wieder anfangen zu tanzen. Trotz der beachtlichen Größe der meisten Songs bleibt nämlich immer deutlich, wer hier hinter den Instrumenten steht. Und überhaupt: Es gibt sie, die anderen. Da wäre z. B. die groovende Rock-Sau namens „Providence“, in der mit den Worten „Oh lord what can I do.  I’m an animal just like you“ der Himmel angefleht wird, bis in den letzten zwei Minuten eben jener aufbricht und ein Gewitter stürmen lässt, das bislang noch kein Foals-Song zu bieten hatte. Zum Schluss wird es fast besinnlich. „Stepson“ pluckert mit lieblicher Melodie und kaum merklichem Beat. Der Albumcloser „Moon“ ist von dem Film „Melancholia“ inspiriert und greift mit der Gänsehaut-Keule nach drei Minuten die letzten Zweifler ab. Holy Fire!