Frank Schulz :: Onno Viets und der Irre vom Kiez
Eine Art Detektivgeschichte vom Meister des Kneipenromans
Dialoge kann der, das ist Wahnsinn. Wahnsinn, wie Frank Schulz den Sound hinkriegt, den eines Porno-Castingshow-Sternchens („Im Wellnessbereich geht sowieso die Lucy ab, ganz klar. Hallo? Logen, Alter, äy, ganz klar. Voll Hammer“), eines Kiez-Ganoven mit extrem schwerer Kindheit („Äy Digger, du wirs ja rot wie ’n Ferrari“) und seines Titelhelden Onno Viets („Ich glaub‘, ich werd‘ Privatdetektiv. Öff, öff“). Weil der schrullige, von Steuerschulden gepiesackte, aber herzensgute Hobby-Tischtennisspieler Onno nämlich wirklich Detektiv wird, landet er mit dem Sternchen und dem Schläger auf Mallorca – und was sich dort zwischen dem Trio für eine milieuübergreifende Chemie entwickelt, das beschreibt Frank Schulz sensationell gut. Onno Viets könnte auch eine der Figuren aus seiner Hagener Romantrilogie sein, aber diesmal schickt Schulz seinen sympathischen Verlierer in eine situationskomische Krimihandlung, deren Finale als überzeichnetes Protokoll eines YouTube-Films erzählt wird. Sehr überkandidelt, sehr sprachgenau, sehr lustig ist dieser Roman, der aber einen seltsam ergreifenden, weichen Kern hat. Felix Bayer
Wie so oft, war die große Party an den geheimen Orten der Subkultur schon zu Ende, als auch der Mainstream mitfeiern wollte. In diesem Fall war die In-Crowd, die bereits seit den 1960ern an ihrem Tanz- und Showstil nach den Vorbildern aus der Modewelt feilte, nicht einfach nur weitergezogen: Als Madonnas Single „Vogue“ 1990 zum Welthit wurde, hatte AIDS längst auch durch die Ballroom Scene von Harlem seine Schneisen gezogen. Dieser Band versammelt Fotos der gebürtigen Französin Chantal Regnault aus dieser Szene der afro- und lateinamerikanischen Schwulen- und Transgender-Community. Viele Aufnahmen entstanden bei groß inszenierten Tanz-Wettbewerben. Es sind Nahaufnahmen von Menschen in glamourösesten Maskeraden, die wild entschlossen scheinen, in diesem Moment größer als das Leben zu sein. Dass viele von ihnen gleichzeitig unendlich verletzbar wirken, liegt in der Natur des Schnappschusses. Ergänzt durch eine Einführung von Tim Lawrence und Interviews, ist dieses Buch eine würdige Hommage an ein großes Pop-Spektakel (bei Soul Jazz erscheint eine CD-Compilation mit den Hits der Szene). Oliver Götz
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