Sun City Girls :: Funeral Mariachi
Folk, Ethno, Morricone: Grandiose Abschiedsplatte der letzten Unberechenbaren des US-Undergrounds.
Letzte Platten sind oft eine Zumutung, sentimentale Sammlungen minderwertigen Songmaterials, achtlos dahingeworfene Reste bislang unter Verschluss gehaltener Aufnahmen, Dokumente finalen Röchelns und Schlimmeres. Die Sun City Girls wollten sich auch auf den letzten Metern ihrer knapp 30-jährigen Existenz nicht lumpen lassen, folgten ihrem einzigen Stilprinzip und bedanken sich bei der Fanbasis mit einem Album, das vor allem eins leistet: es überrascht. Funeral Mariachi besitzt, wenn man das bei dem kaum überschaubaren, mehr als 50 Alben zählenden Backkatalog der Girls behaupten darf, mehr Strahlkraft als alles, was Richard und Alan Bishop und Charles Gocher in den letzten Jahren veröffentlichten. Auf diesem Album ist Percussionist Gocher ein letztes Mal zu hören, nach seinem Krebstod entschieden die Bishops, die Band Sun City Girls nur noch auf der Bühne weiterleben zu lassen. So sind diese elf Songs zu einer knapp 40-minütigen Koda geworden, die demonstriert, zu welch prägnanter Bandleistung die letzten aufrechten Unberechenbaren des US-Undergrounds in der Lage sind. Die Sun City Girls spielten ihre komplexen Folk-Songs in der Vergangenheit mit dem nicht unumstrittenen Gestus von Free Jazzern, die mehr an Vertiefung und Verfremdung als an Strukturierung interessiert waren, sie erfanden Sprachen, zitierten und manipulierten ethnische Musiken aus dem Field-Recordings-Programm, das Alan Bishop über sein Sublime Frequencies Label auflegt. Sie schrabbelten sich hin und wieder auch um den Verstand. Verglichen mit den wüsten Momenten der Girls ist Funeral Mariachi ein nicht nur mildes, sondern auch hochmelodisches Album mit klarer Songwriterhandschrift geworden, das nur zu kurzen Irritationen einlädt. Die letzten fünf Songs nähern sich mit Westerngitarren und wehmütigen Chören einer Hommage an Ennio Morricone; der Titelsong am Ende des Albums ist der Trauer um den toten Freund gewidmet, in ein langsam mäanderndes Trompetenmotiv gedreht. Funeral Mariachi wäre eine grandiose Debüt-Platte gewesen. Für eine junge Band, die gerade beginnt, sich ihren eigenen Begriff von Folk zu machen.
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