Bill Wells & Stefan Schneider :: Pianotapes

Karaoke Kalk/Indigo

Melancholische Miniaturen zwischen Klassik und Musique Concrète.

Bill Wells spielt Klavier. Stefan Schneider nimmt auf. Und bearbeitet, manipuliert, produziert. Das ist die Versuchsanordnung. Das Ergebnis des Experiments zeigt vor allem den großen Respekt, den Schneider, die graue Eminenz der deutschen Electronica, entwickelt hat vor Wells, der schottischen Legende, die ihre Spuren in Klassik, Jazz und experimenteller Musik hinterlassen hat. Denn Schneider versucht nicht, den Charakter der ruhig dahin perlenden Piano-Improvisationen entscheidend zu verändern und verkneift sich alles, was auch nur entfernt an Rhythmus erinnern könnte. Erst wenn Wells wieder einmal seine Töne in solchen Abständen setzt, dass sein Spiel zum Stillstand zu kommen droht, wenn riesige Räume zwischen den Anschlägen entstehen, dann bringt Schneider seinen Sampler zum Einsatz, schiebt atmosphärische Flächen unters Klavier, platziert ein verschämtes Knistern oder ein kurzes Schaben in den Leerstellen. Das Ergebnis der Zusammenarbeit mit dem Elektronik-Musiker und dem Klaviervirtuosen sind Miniaturen, die die beträchtliche Grauzone zwischen Konzertsaal und Musique Concrète erkunden. Und wie das in Zwischenwelten so ist: Die Stimmung dort ist eher melancholisch.

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Sven Väth