Carl Barât :: Carl Barât

Arcady/PIAS/Rough Trade

Britpop, so wie er sein sollte. Das Soloalbum des Ex- und Wieder-Libertine mit guten Songs in ganz Un-Indie-Arrangements

Carl Barât war, wie jeder weiß, früher einmal zusammen mit Pete Doherty Mitglied einer Band namens The Libertines (ja, wir wissen: sie reformierten sich für zwei Festivalauftritte im Sommer in England). Diese Band nahm zwei Alben auf, die zum Besten gehören, was die gitarrenorientierte Musik im vergangenen Jahrzehnt zu bieten hatte. Was The Libertines von anderen Bands unterschied, war ihre Losgelöstheit vom globalen Indie-Rock-Zirkus, ihre britische Identität, die sich vom klassischen Songwriting über den Ladism bis hin zur Männerfreundschaft zwischen Barât und Doherty zog, die schließlich – genau wie The Libertines – an dessen Drogensucht zerbrach. Dohertys Rolle als Societyboy und seine Band Babyshambles, bei der er scheinbar mit Links die Hits raushaute, musste zwangläufig alle Projekte überschatten, in die die anderen Libertines involviert waren. So hat anfangs niemand einen Pfifferling gegeben auf Barâts neue Band Dirty Pretty Things. Bis 2006 das Debüt WATERLOO TO ANYWHERE erschien. Ein postpunkiges kleines Meisterwerk voll mit klassischen britischen (Punk-)Rocksongs. Beim zweiten Album war es dann vorbei – auch mit dem Britischsein. Mit ROMANCE AT SHORT NOTICE positionierte sich Barât als Mitglied des globalen Indie-Rock-Zirkus in der Hoffnung, zwölf schlechte Songs, die beiläufig aufgenommen und komisch produziert waren, werden ja wohl ausreichen für ein Album. Danach trennten sich die Dirty Pretty Things. So hat anfangs niemand einen Pfifferling gegeben auf Barâts Soloalbum. Und wieder ist ihm eine Überraschung gelungen. CARL BARÂT bedeutet die Abkehr vom Indie-Rock-Idiom und eine Rückkehr zu „britischen Tugenden“. Die Musik erinnert stark an die der Libertines, ihre akustischen B-Seiten und besoffenen Sessions, die nur als Bootlegs das Licht der Welt erblickten. Hier hat es Vaudeville-Musik („The Magus“), Sixties-Pop („She’s Something“), twangy Ennio-Morricone-Gitarren, bläsergetriebenen Motown-Soul-Rock und Piano- und Trompetenherrlichkeit. Einmal, bei der Kirmessymphonie „The Fall“, hat Neil Hannon (The Divine Comedy) mitgeholfen. Trotz kleinteiliger, detailverliebter Instrumentierung, Streichern und Bläsern ist CARL BARÂT keines dieser PET SOUNDS-Klon-Alben geworden, wie sie alle zwei Wochen veröffentlicht werden.

Artverwandtes: The Libertines „The 7 Deadly Sins“ (Song) (2003) Iggy Pop „I Want To Go To The Bach“ (Song) (2009)

www.myspace.com/carlbarat