Ed Harcourt :: Lustre

Piano Wolf/Alive

Gospel, Pathos-Pop und dunkle Balladen. Der Brite mit der Sonntagsstimme verwandelt sich auf seinem ersten Album seit vier Jahren auch schon mal in einen Schnulzier.

Steht bei mir im Regal direkt neben Richard Hawley. Nicht allein aus alphabetischen Gründen. Die Gruppe der traditionell sozialisierten britischen Premier-League-Crooner ist so groß nun auch wieder nicht, und Harcourt und Hawley verbindet doch bei allen Verschiedenheiten in Auftritt und Intonation die Fähigkeit, den Funken allein mit ihrer Stimme überspringen zu lassen, um das mal altbacken zu formulieren. Was aber auch wieder zu LUSTRE führt: Ed Harcourt hat ein wertkonservatives, ganz und gar unmodisches Pop-Album aufgenommen, das der Songwriterschule der vornehmen Gefühle geschuldet ist. Oder sollte man Gefühligkeit sagen? Es gibt Momente, da der Sonntagssänger Harcourt sich in den Schnulzier Harcourt verwandelt, der uns Killer-Geschichten von der Morgensonne erzählt oder sich in den Ängsten des Vaterseins verliert, von Piano und Chor in einen schwarzen Himmel getragen. Gut, dass Harcourt zwei Tracks später beweist, dass er einen Pop-Kracher zu spielen und noch ganz woanders hin zu singen in der Lage ist („A Secret Society“). LUSTRE bleibt über die komplette Strecke von 50 Minuten eine Wanderung auf dem schmalen Grat zwischen Kitsch, Kunst und etwas Kabarett, zwischen Gospel, Pathos-Pop und dunklen Balladen. Das Albumcover darf als „Parental Advisory“ verstanden werden, der Künstler mit Frau und Kind vor einer sepiagetönten maritimen Nachtkulisse. So enden Serien im Privatfernsehen.

www.edharcourt.com