CocoRosie :: Grey Oceans
Die fabelhaften Folk-Schwestern treffen auf ihrem vierten Album einen aufstrebenden Klassik-Pianisten.
Auf den bisherigen Platten von Coco Rosie konnte man mit etwas Phantasie die Stimmen der Geister hören, die noch ein paar Hühnchen miteinander zu rupfen hatten im Jenseits. Diesmal spricht, pardon, singt die Mutter der beiden Casady-Schwestern. Die Stimme kommt von einem wieder aufgetauchten Band aus den 70er Jahren, das am Anfang und am Ende des Songs „Undertaker“ eingespielt wird. Dazwischen zelebrieren Sierra und Bianca Casady eine kleine Drone-Sinfonie auf der Basis von Bassklarinetten. Biancas Katzengesang und Sierras Operngesang finden auch auf GREY OCEANS wieder aufs Allerherzlichste zusammen. Man könnte inzwischen sagen, dass Coco Rosie ein großes Projekt der Annäherung zwischen E und U oder zwischen Ekstase und Unterhaltung betreiben, das sich interessanterweise Stück für Stück von seinen Ursprüngen entfernt. Wir erinnern uns: das Lo-Fi-Chill-Out aus einer Badewanne in Paris (auf dem Debütalbum LA MAISON DE MON RÊVE). Mit dem Pianisten und Komponisten Gael Rakotondrabe ist jetzt auch ein neues Bandmitglied an Bord, dessen Einfluss sich an allen Ecken und Enden dieses Albums bemerkbar macht. Es gibt Ragtimes, sanfte Etüden und kleine Exkursionen in das Perlen der Melodien. Das geht aber nie so weit, dass man Coco Rosie nicht mehr herauszuhören könnte. Freak und Folk wären damit aber endgültig getrennt. Die Casadys entdecken neue Soundlandschaften, deren Schönheit sich dem Coco-Rosie-Fan diesmal vielleicht erst im dritten Hördurchlauf auftut. Es dauert eben ein bisschen, aber es lohnt sich. In den knapp fünf Minuten von „Trinity’s Crying“ singen und zupfen sich Coco Rosie in Sphären, von denen Joanna Newsom nur träumen kann. Was mich (und Joanna Newsom vielleicht auch) mal interessieren wurde: Ist das eine präparierte Harfe in diesem Song?
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