tUnE-yArDs – BiRd-BrAiNs
The Hon howls tonight. Oder: das Lo-Fi-Pop-Ereignis des Jahres. Mit den großen und den kleinen Buchstaben kann das schon ziemlich schwierig sein. Das weiß ich von meinem Sohn, der geht seit August in die Schule. Mixt man die Großen und die Kleinen wie bei tUnE-yArDs, wird’s eine ziemlich unübersichtliche Geschichte, selbst für Menschen, die beruflich viel mit Wörtern und Buchstaben zu tun haben. Merrill Garbus unternimmt mit dem Groß-klein-Mix einen kleinen Angriff auf die „dumme Routine“, die unsere Kukurtechniken heimgesucht habe. Noch besser ist das der US-Amerikanerin mit den elf Songs gelungen, die sie schon im vergangenen Jahr als Downloads („Pay what you wish“) über ihre Homepage vertickte, jenen grandios rumpelnden Lo-FiTracks, die ihre One-Woman-Band zum Objekt aufrichtiger Anbetung machten. Das tUnE-yArDs-Debütalbum BIRD-BRAINS ist voller hin- und herwackelnder Melodien, hoffnungslos übersteuerter Sounds und seltsamer Geräusche, es ächzt so schön unter dem hinreißenden Singsang von Merrill Garbus, ihren Jodlern und sirenenartigen Dauertönen, ja, ihrem süßen Jaulen. Man wird weit in die Popgeschichte zurückblicken müssen, um jemanden zu finden, der so hemmungslos extemporiert hat. Es gibt viele schöne Homerecording-Alben, aber dieses ist von einer dezidiert anderen Qualität; es haut uns den Do-ityourself-Folk um die Ohren, den Merrill Garbus ganz alleine mit einem digitalen Voice-Recorder aufgezeichnet hat. Zuerst einmal spielt sie eine Ukulele, geloopt und verzerrt aber laufen ihr die Ukulelenmelodien davon, stolpern über die Beats, die aus uns unbekannten Küchenutensilien herauskriechen. Bätsch-bätsch-boom-boom-boom. Es gibt mindestens drei gute Gründe, sich auf der Stelle in die Künstlerin zu verlieben. Erstens: Mrs. Garbus lässt ihr Herz im Blut schwimmen und singt dabei das schönste Kinderlied aller Zeiten („Lions“, unter Verwendung von Breakbeats aus der Schuhschachtel). Zweitens: Mrs. Garbus hat bei Ausgrabungen in Afrika die Ursuppe des R’n’B entdeckt und jagt sie nun mit polternder Bassdrum in die Hölle („Hatari“). Drittens: Mrs. Garbus kann aus einem Minimal-Music-Motiv über die Strecke von fünf Minuten und 30 Sekunden eine veritable Hymne basteln („Fiya“). Die Löwin schläft nicht, sie heult heut‘ Nacht.
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