Demis Roussos – Demis
Pop: Ein altes Schlachtross müht sich um eine sehr, sehr späte Ehrenrettung-mit Erfolg. Selten dürfte sich ein Rocker der allerersten Stunde im weiteren Verlauf seiner Karriere so nachhaltig in die Indiskutabilität verabschiedet haben wie Demis Roussos. Roussos, die Älteren werden sich vielleicht dunkel erinnern, gelang der vollkommen verdiente internationale Durchbruch an der Seite seines griechischen Landsmannes Vangelis mit der Band Aphrodite’s Child. Die hinterließ zwar nur drei Platten, von denen aber das nachhaltig irrsinnige, biblisch-apokalyptische Konzeptdoppelalbum 666 (mit Hits wie „Babylon“ und „Four Horsemen“) in Erinnerung blieb – vor allem wegen Roussos‘ fast schon unheimlich wandelbarer Stimme, die selbst in den höchsten Lagen noch ausdrucksstark blieb. Verglichen damit klang Jon Anderson von Yes – der einzige vergleichbare Sänger dieser Zeit – wie ein geschlechtsloser Waisenknabe. Während Vangelis zum Herold der New-Age-Music aufstieg, entschied sich sein Kollege Roussos für eine dubiose, wenngleich in Frankreich und Deutschland sehr erfolgreiche Karriere als Schlagersänger. Er prostituierte seine imponierende Stimme für Duette mit Vicky Leandros und läppische Liedchen – und verschwand irgendwann endgültig in der vermeintlich verdienten Versenkung. Umso erstaunlicher und erfreulicher, dass ihm nun doch noch eine Behandlung zuteil wird, wie sie schon Johnny Cash und Neil Diamond zur Ehre gereichte: Junge Produzenten, junge Musiker und junge Songwriter haben DE-MIS möglich gemacht – und damit eine der letzten Gelegenheiten für eine späte Ehrenrettung des alten Schiachtrosses. Das Comeback ist wirklich eines. Roussos Stimme, abgedunkelt zwar und versehrt, fühlt sich offenbar pudelwohl in den luftigen, modernen und muskulösen Arrangements, die ihm da auf den massigen Leib geschrieben wurden. Das klingt zwar manchmal routiniert, aber immer schnörkellos und auch nicht weniger aufregender als eine Amy Winehouse. Man stelle sich Joe Cocker vor, der noch etwas vorhat, knackig, chartstauglich und völlig unpeinlich. Eher rührend. Und manchmal sogar ergreifend, wie das neunminüte „Who Gives A Fuck“ mit der eingespielten Rede von Gandhi. Apropos Winehouse: Mag sein, dass das ziemlich sensationell geratene DEMIS zu spät kommt für die grassierende Retrosoul-Manie. Für Demis Roussos und sein Seelenheil kommt dieses verblüffend frische und kraftvolle Album gerade recht.
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