Mumford & Sons – Sigh No More

Live erspielte Erwartungen erfüllt: das Folk-Album des Jahres. Zwei Minuten dauert es, bis sie zum ersten Mal die Sau raus lassen. Zwei Minuten feines Folksongwriting, sensibel und rührend dargeboten, dann eine scharfe Bremsung, und schon geht es mit glühendem Herzen und stetig steigendem Puls voran, dass einem schwindlig wird: “ Love, it will not hetray you, distnay or cnslave you, it will set you free, he more like the man you were made to he.“ Mit jeder Wiederholung dieses Mantras treten neue Instrumente hinzu, eine Basstrommel, ein Tamburin, schließlich eine ganze Bläserfront. Und Marcus Mumford, der Mann mit diesem unfassbaren Knacks in der Stimme, gibt alles für dieses ganz unkitschige Glaubensbekenntnis. Schon nach dem Titelsong „Sigh No More“ ist klar, was das Debütalbum von Mumford & Sons so außergewöhnlich macht: die Wucht, die das Quartett entfaltet, ohne je dick aufzutragen, die fiebrige Energie, mit der sie sich in jeden Sony stürzen, die Selbstverständlichkeit, mit der sie sich die Mittel des USamerikanischen Folk und Country aneignen, ohne nostalgische Verklärung, als ganz gegenwärtigen Ausdruck eines Lebensgefühls zwischen euphorischem Aufbruch und melancholischem Selbstzweifel. SIGH NO MüRE klingt wie Arcade Fire ohne sakrale Emphase, wie die Fleet Foxes ohne samtige Feierlichkeit. Das großartige „White Blank Page“ hat die Intensität des letzten Scott-Matthew-Albums – aber wo der Australier an die urbanen Singer/Songwriter-Traditionen New Yorks andockt, zieht es die Briten von Mumford & Sons eher hinaus in die ländlichen Weiten der USA. Dort finden sie Geschichten wie den „Dust Bowl Dance“, eine Mörderballade von Nick-Cave-Format, die viel Sinn für erzählerische Dramaturgie beweist. Mumford & Sons haben – völlig losgelöst vom Zeitgeist – mit SIGH NO MORE zweifellos eines der besten Alben dieses Jahres aufgenommen.