Benjamin Biolay – La Superbe

Kreativer Ausbruch in alle Richtungen beim französischen Star des Neo-Chanson. Er ist bei keiner großen Plattenfirma mehr, und von seiner Ehefrau lebt er inzwischen auch getrennt. Da war es für Benjamin Biolay kein Problem, einfach mal loszulassen und von alten Zwängen abzulassen. Wir hören 22 neue Stücke auf zwei CDs, was über 90 Minuten Musik ergibt. Einiges davon klingt vertraut. Biolays Flüsterstimme, die gelegentliche Neigung zu Streicherarrangements, das Piano, die Melancholie – alles vorhanden. Trotzdem ist diese Kollektion so etwas wie die Chanson-Entsprechung zum „Weißen Album“. Man weil? ja, dass Biolay mal zum Extrem neigen kann, aber noch nie wurde das so deutlich wie dieses Mal. In „Buenos Aires“ stößt man auf eine wilde Kracheruption, eine argentinische Stimme und ein Sample von Carlos Gardel. Der Song ist Teil der zweiten CD, die extrovertierter ist als die erste. Hier versucht Monsieur Biolay mal zu singen, experimentiert mitFlamenco-Sounds, liefert einen forschen Electro-Disco-Track ab und adaptiert stimmungsvoll den positiven Pop von Phoenix. Die andere Hälfte der Platte ist auch nicht ohne, vor allem ist sie düsterer ausgefallen. In „La Toxicomanie“ etwa steckt morbider Pianojazz, und man will nicht wissen, was sich Mann und Frau im Zwiegespräch in „Brandt Rhapsody“ so alles an den Kopf werfen. Mit dieser Tour de Force der Gefühle untermauert Biolay seine Ausnahmestellung als Bindeglied zwischen Chanson, Rock, Klassik und nun auch Elektronik.