Radio Rock Revolution
Anarchie in der Nordsee: Freibeuter auf Sendung.
In den 60er Jahren lebten die Feinde der britischen Obrigkeit nicht nur hinter dem eisernen Vorhang, sondern auch in den Weiten der Nordsee. Schwimmende Pop-Piratensender wie Radio Caroline und Wonderfui Radio London machten dem veralteten staatlichen Rundfunk BBC das Leben schwer. Mit innovativem Pop, überdrehten Ansagen und ironischen Jingles wagten forsche Piraten-DJs außerhalb der Dreimeilenzone den anarchischen Funk-Futurismus. Doch das per Mittelwelle europaweit empfangbare Paradies währte nicht lange: 1967 sorgten strenge Gesetzesauflagen für ein allzu frühes Aus der Gegenkulturoffensive. Kurios ist es schon, dass im Laufe von über 40 Jahren keiner auf die Idee kam, die Abenteuer der DJ-Freigeister zu verfilmen – sieht man mal von einer Szene im Glamrock-Movie „Slade In Flame“ ab. Ausgerechnet der neuseeländische Regisseur Richard Curtis, der als Drehbuchautor für Kinokassenfüller wie „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“, „Notting Hill“ und „Bridget Jones“ verantwortlich zeichnete, wagte das Unmögliche: Mit seiner zweiten Regiearbeit „Radio Rock Revolution“ lässt Curtis mit großer Liebe zum Detail eine Ära auferstehen, die der Post-MTV-Generation irritierend fremd vorkommen muss. Er erzählt die turbulente Geschichte des 18-jährigen Carl, der wegen Drogenkonsums von der Schule verwiesen wurde und zur Läuterung von Mama ausgerechnet aufs Boot seines Patenonkels Quentin, Chef von Radio Rock, geschickt wird. Dort erwartet ihn eine Horde hedonistischer DJs mit ausgeprägtem Faible für Musik, Mädchen und Marihuana. Alles wäre „splendid“, wäre da nicht der Bösewicht, Postminister Dormandy, der dem zügellosen Treiben ein schnelles Ende bereiten möchte. Auch wenn der Plot sich zum Finale hin ein wenig, ähem, minimalistisch präsentiert – Spleens, Klamotten und Dialoge der den originalen Protagonisten nachempfundenen DJ-Charaktere (gespielt von Philip Seymour Hoffman, Nick Frost und Rhys Ifans) sind höchst unterhaltsam. Was auch für den wunderbaren Soundtrack gilt.
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