Mischwald/ Ortskunde von Thomas Kapielski

„Trost ist im Moment prost!“, schrieb mir kürzlich eine Freundin. Man sollte die Frauen auch mal für ihre SMS-Kunst belobigen und überhaupt Thomas Kapielski beipflichten, in dessen gnadenreichem neuen Prosaband „Mischwald“ neben Hunderten, ach was: Aberhunderten von sprühenden und ruhenden, verspieken und sprödwahren Sätzen dieser zu lesen ist: „Allein der weibliche Teil zähmt und festigt die Menschheit.“ Um die es, man weiß es leider allzu gut und allzu genau, durchaus elend bestellt ist. Im „gemischten Wahn“ walkt und wabert und wütet die erdrückende Mehrheit der Gattung „Homo nichtsosapiens“ (Kay Sokolowsky) wild und wirr vor sich hin, und gäbe es keinen Kapielski und außer ihm nicht noch ein paar andere -, man wüsste )a noch weniger ein noch aus als ohnehin schon. Oder wählte das Aus, womöglich. Nein, wir halten uns an den Diaristen und Philosophen, den Philologen und Dichter, an den Lichtenberg unserer opaken Tage: „Hass, beschwert mit Mühsal, laugt die Säfte; allein Verachtung reicht hin für alle Welt, ganz ohne Aufrieb und Harm.“ In „Mischwald“ gibt es komische Szenen, Einfälle, Wendungen zuhauf, doch wer Kapielski nach wie vor als „Spaßmacher“ o.a. tituliert, kann genausogut Schopenhauer den Utopisten zurechnen. „Irrwitz. Wahnwitz. Aberwitz“ ist ein Abschnitt betitelt, in dem die Natur als Gegenstück zur menschlichen Jeckheit figuriert, als „atmendes, klagloses Etwas“, dem Kapielski in seinem zweiten neuen Buch „Ortskunde -Eine kleine Geosophie“ auf behutsame poetische Manier die Reverenz erweist-durch warmherzig dahinströmende Kurztexte, die Anleihen nehmen etwa bei Kästner und Hebel und bei der Anekdote, der Kalendergeschichte, der Erbauungsliteratur, der Moritat, der christlichen Mystagogie; knappe Erzählungen und Traktate, deren GehalteundProbleme-dieenorme Vernunftabwesenheit, die Schande und Bestie Mensch, der „menschliche Auswurf“ – gewissermaßen in Örtlichkeiten personalisiert sind. Altfränkisch behauchter Klamauk gesellt sich zu Ror-Wolfatfinen Grotesken und Namensmagien, zarte Landschattsminiaturen wechseln sich mit grausamen Begebnissen ab, und dazwischen streut Kapielski Fotos von „schmerzenssüllen“ Wiesen und Lichtungen, wie sie mir aus der Fränkischen Schweiz vertraut sind. Kaum ein Trost heutzutage ohne ihn. Auch so: zusammen 500 neue Seiten Kapielski, das ist entschieden zu wenig.

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