Diverse – Love Train: The Sound Of Philadelphia

Fragt man nach den Wurzeln von afroamerikanischem Soul und Funk, fallen aufs Stichwort Label-Marken wie Tamla Motown, Stax, Volt und Atlantic. Für die sechziger Jahre sicher zu Recht. Doch der für das folgende Jahrzehnt maßgebliche Trendsetter fällt dabei fast immer unter den Tisch: Philadelphia International Records. Kenny Gamble und Leon Huff wirkten als Komponisten, Produzenten und Labelcigner-Team in Personalunion. Stationiert in Philadelphia, das dem neuen Genre auch gleich den passenden Namen verpasste: Philly Soul. Ganz nach dem Vorbild von Berry Gordys Motown rüsteten sich Gamble und Huff ab 1971 als Hit-Fabrik aus und setzten die Stadt „brüderlicher Liebe“ weit über die Grenzen der USA auf die Pop-Landkarte. Populär zunächst in Schwulen-Clubs, erfreute sich der großorchestierte Soul-Ableger und direkte Disco-Vorläufer binnen weniger Jahre weltweiter Nachfrage mit eingängiger Hitformel von Interpreten wie The Three Degrees, MFSB und Harold Melvin & The Blue Notes. Nach einer 3-CD-Werkschau namens THE PHILLY SOUND: KENNY GAMBLE, LEON HUFF & THE STORY OF BROTHERLY LOVE (1966-1976) aus dem Jahre 1997 legt Rechtemhaber Sony mit einer um einen weiteren Silberlmg sowie zahlreichen Songs und diversen Interpreten erweiterten Version noch einmal nach. Umbenannt in LOVE TRAIN: THE SOUND OF PHILADELPHIA, sammeln sich statt 48 nun 71 Tracks im Hardcoverformat-Box-Set inklusive Label-Story, inforeicher Essays und seltenen Fotomaterials. Wie beim Original eröffnen die hierzulande eher obskuren Soul Survivors mit dem wunderbaren „Expressway To Your Heart“ aus dem Jahre 1967. Doch wurde das weitere Tracklisting einer starken Modifizierung unterzogen. Zwar finden sich mit The O’Jays, Billy Paul, The Trammps oder People’s Choice, die teils mit gleich mehreren Klassikern vertreten sind, die „üblichen Verdächtigen“. Gänzlich getilgt wurde leider „The Beils“ – ein kongeniales Duett der New Yorker Tristesse-Poetin Laura Nyro im Team mit dem gerade wieder reformierten Damen-Trio Labelle. Bei Philly-Soul-Pionierin Dusty Springfield, die mit Gamble und Huff schon 1969/70 ein ganzes Album produzierte, wurde kurzerhand das Genre-typische „Silly, Silly Fool“ gegen das weniger spannende „Brand New Me“ ausgetauscht. Neu hinzugekommen sind die unnachahmlichen The Delfonics mit „La La Means I Love You“ und „Didn’t I (Blow Your Mind This Time?), gleich drei Solotitel von Blue-Notes-Frontmann Teddy Pendergrass („Close The Door“, „I Don’t Love You Anymore“, „Love T.K.O.“) sowie William DeVaughns „Be Thankful For What You Got Part 1“. Ebenfalls erstmals integriert wurden The Spinners (im Duett mit Dionne Warwick), The Stylistics, The Jones Girls, Futures, Deniece Williams, Pattie Labelle, Jean Carn, Lou Rawls sowie McFadden & Whitehead. Vertraglich nicht an die Marke Philadelphia International Records gebunden waren die ehemaligen Teenstars The Jacksons und das Vokalensemble Manhattans, die von Gamble und Huff jedoch Maßgeschneidertes produziert bekamen.

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