Mjumk Disco von Mirko Hecktor

Das Nachtleben der heimlichen Partywelthauptstadt von 1949 bis (nichtganz) heute.

Die Grundregel, zitiert (selbstverständlich) nach „Kir Royal“: „Wer reinkommt, ist drin“, anders gesagt: Wer drin ist/war, ist drin. Der angstvolle erste Blick sucht folglich die vielen, vielen Bilder ab, hastig rasend; es ist viel, wahnsinnig viel zu scannen, eine gute Stunde später erst Erleichterung: nicht drin, nirgends. Nicht als hoffnungsloser DJ im „Mandy’s“, minderjähriger Bankhöhlenhocker im „Darnage“, heulendes Gaspistolenkollateralopfer im „Lipstick“. überforderterAushilfstürsteherim „Größenwahn“, bewusstloser Pseudopostrocker in der „Kulturstation“, verbeulter Bierpirat im „Why Not“, liebes kranker Sternblickträger im „Cosy“, Tanzflächensoftpornodarstellerim“SugarShack“, girlandenbehangener Kloschläfer im „Babalu“, sozialneidischer Regenmacher im „Pi“ amnesischer Somnambulist in den „Cola-Hallen“, schon gar nicht dies und das in „Limit“, „Mirage“, „Koralle“ und „Wie hieß das Loch gleich noch?“, weil die selber nicht drin sind in dem trotzdem sowieso überbordenden Riesendachziegel von einem Buch. Beim zweiten Blick findet man sie dann doch, auf Flyern, in Erinnerungen, es geht halt nichts verloren im größten Dorf der Welt, und doch vieles. Dass im Münchner Nachtleben mehr los ist oder zumindest war oder war oder zumindest ist als sonst wo, weißjeder. der mal drin war. leugnetjeder, der rein wollte: die zufällige Anwesenheit bei dem ersten Europaauftritt von JimiHendrix(„Big Apple“, 1966), einer Geburtstagsfeier von Freddie Mercury, einer polizeilich geräumten „Illegal-Drecksau-Party“ in einer „Kunst im öffentlichen Raum“-Unterführung reicht ebenso wie eine Opiumpfeife mit Keith Richards im „Piper“ oder ein Billardsieggegen Udo Lindenberg im „Rigan Club“ als Illumination fürtausende fade Nächte und ein ganzes Leben. Hier kommt alles zusammen:Jazz, Punk, Pop und Kotze. Prominenz und Adabei. Exzess und dröhnende Langeweile, Revolution. SuaßenschlacM, zugeschraubte Discotür und der tote Wirtsbruder auf dem Klo. Schade ist die etwas lieblose Aufmachung und Gestaltung, und selbstverständlich ist das dicke Buch viel zu dünn, weil solche Bücher immer zu dünn sind.sein müssen, weil sie alles zeigen und doch nichts und deshalb nicht zufrieden machen können, sondern nur hungrig nach mehr, mehr Eindrücken, mehr Erinnerungen, ein Hunger, der sich nie stillen lässt. Man versinkt in den Seiten, freut sich über Vergessenes. Lustiges, ärgert sich über Lügen, Schmarrn und Gelaber, bedauert Außenstehende, die damit mutmaßlich nicht arg viel anfangen können, und Gott sei Dank, denkt man am Ende, ist das alles vorbei, Gott sei Dank wird es immer weitergehen. Und schließlich zeigt der zehnte oder zwölfte Blick, der in die ganz kleinen Details: doch drin; paradox geehrtes Schmunzeln: weil’s keiner merkt, hihi.

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