Helden :: von Tobias Rüther

Rogner & Bernhard. 222 Seiten. 19.30 €

Bowie in Berlin: ein wunderbares Buch über ein Faszinosum.

Kaum eine (oder: keine) Episode der Popgeschichte hat eine derartige Wirkungsmacht entfaltet wie David Bowies „Berliner Jahre“, sein „Berliner Tryptichon“-die großteils gar nicht dort entstandenen Alben Low, „Heroes“ (beide 1977) und Lodger (1979). „Helden“ ist nicht das erste Buch über diese Zeit und dieses Phänomen,aber das lesenswerteste, weil FAZ-AutorRütherso frei assoziert, wie das Bowie damals musikalisch und textlich selbst tat, von Wolf Jobst Siedlers Trauer über die „gemordete Stadt“ über Ernst Blochs Zeitphilosophie und Christopher Isherwoods „Cabaret“-Halbwelt bis hin, na klar, zu den Nazis und ihrer Wirkung auf Bowie. Das ist es, was so viele an der Sache berührt, inspiriert und interessiert- nicht, wie der Klappentext in typischer Klappentextblödheit meint. Bowies „Faszination für Berlin“, sondern umgekehrt: die Metamorphose des aus der Wohlstandswahnhölle Kalifornien entflohenen Superstars, der nur von Milch und Kokain lebt, in den stadtbodenständigen Künstler, der zur Arbeit radelt und nach Feierabend im Holzfällerhemd in der Eckkneipe sitzt, durch die Wirkung der Stadt, ihrer Geschichte und Aura, ihres Lebens. Dabei gehen Rüther hin und wieder die Pferde durch,versteigt er siec in Behauptungen, die nicht mal Vermutungen, sondern schlicht falsch sind, wenn er etwa den Red Hot Chili Peppers eine Vorliebe für Aleister Crowley anhängt, indem er in einen Albumtitel ein „Magick“ hineinschmuggelt, das da nicht hingehört. Aber das sieht man ihm nach, ebenso wie branchentypische Sprachdummheiten („oder“ statt „und“, „mehrfach“ statt „mehrmals“, falsche Konjunktive. Bezugsfehler, durch die z.B. eine Kamera zur Chefin eines Nachtclubs wird), weil das Buch so originell, schön, klug und mordsspannend zu lesen ist, dass man noch die abwegigste These zumindest bedenkenswert findet (und spätestens auf Seite 20 das Bedürfnis kriegt, das ganze „Tryptichon“ hintereinander zu hören, und zwar nicht nur einmal). mywebsite.bigpond.com/roger.grifnn/Colden Years/