The Flaming Lips – Christmas on Mars

Dass Wayne Coyne seine Flaming Lips breiter definiert denn „nur“ als Musikgruppe, dürfte spätestens seit den kunterbunten Rundum-Sensorik-Liveshows der letzten zehn Jahre deutlich sein. Die Lips sind eine multimediale Gesamt-Experience, als solche tief verwurzelt im Do-it-yourself-Gedanken des Punk, und dass man schon Anfang des Jahrtausends hörte, sie arbeiteten an ihrem eigenen „abendfüllenden“ Science-Fiction-Film, passte ins Bild. Jetzt ist der Film tatsächlich fertig-CHRiSTMAS on mars, eine allegorische SciFi-Mär, die eine verschollene Episode aus Ray Bradburys „Mars-Chroniken“ sein könnte. Auf der ersten Marskolonie, einem trostlosen Ort, durch den eine Art existenzialistischer Lagerkoller kreucht, soll das erste Menschenkind jener leuchtenden Mars-Zukunft geboren werden, nach der es so gar nicht aussieht. Die Geburt ist der Symbolik halber für den Weihnachtsabend getimet worden, und der von einer melancholischen Vergeblichkeit gezeichnete Major Syrtis (gespielt vom von seiner damaligen Heroinsucht gezeichneten Lips-Multiinstrumentalisten Steve Drozd, dem man sehr gerne zusieht) irrt herum im Bestreben, zum frohen Ereignis eine kleine Weihnachtsfeier auf die Beine zu stellen, um die Moral der Kolonisten aufzurichten. Aber ach, der Kollege, der den Weihnachtsmann geben sollte, hat sich im Wahn umgebracht, und auf einmal ist da dieser mysteriöse, schweigsame Marsianer (Coyne), der letztlich im Santa-Kostüm endet-und wie durch Magie glimmt ein wenig Hoffnung in der ersten Weihnacht auf dem kalten Mars.Gefilmt-weitgehend in Schwarzweiß-wurde das alles über vier Jahre hinweg in Haus und Hinterhof von Wayne Coyne in Oklahoma City, es spielen die Band und Leute aus dem Umfeld. Der 90-minütige Film ist ein Triumph des DIY, einen Teil des Vergnügens macht sicher das Wissen darum aus. dass hier jede Set-Deko, jedes Kostüm, jeder visuelle Einfall,jeder Trickeffekt.alles bis selbstverständlich hin zum grandiosen Space-Soundtrack, hausgemacht ist. Man erwarte keinen packenden, „dichten“ SciFi-Reißer; Das hier ist indie as indie can. Die amateurhafte Wackeligkeit, die mitunter stockigen Dialoge, seltsam verdehnte Szenen („Schnitt!“ möchte man den DVD-Player hin und wieder anplärren) wirken nicht immer nur charmant, sondern manchmal einfach, nun: amateurhaft. Aber dagegen steht das Herzblut, das hier aus allen Ritzen tropft. Und während der Film stilistisch und atmosphärisch irgendwo zwischen Tim Burton, jim jarmusch, David Lynch und Ed Wood,“Dark Star“, „Barbarella“, „2001“

und „Raumschiff Orion“ dahin gratwandert, während hie und da surrealistisch-alptraumhafte (Schock)bilder a la Bunuel/Dali und grellbunte Psychedelic- Drastik dazwischenhacken, während einmal mehr das große übergeordnete Lips-Thema -die Feier der Fülle des Lebens in der direkten, gesuchten Auseinandersetzung mit Tod und Vergänglichkeit-verhandelt wird, werden die Augen immer größer. Und die Vorfreude, dieses Ding irgendwann-wie von Wayne Coyne versprochen – eingebettet in eine Lips-Performance gezeigt zu bekommen.

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