Loudon Wainwright – Recovery

Loudon Wainwright III. hatte es gewiss nie leicht. Weniger wegen seines Vaters, dem gefeierten und doch nur halb prominenten „Life“-Autor, als Vielmehr wegen seiner Kinder, in deren künstlerischem Schatten dieses Album erscheint. Während Sohn Rufus die Operette mit dem Pop verbindet, wandelt seine Tochter musikalisch auf ganz ähnlichen Pfaden wie ihr Vater, dem sie ihren bisher bekanntesten Song gewidmet hat: „Bloody Mother Fucking Asshole“. Fraglos hätte Freud seine helle Freude an dieser Familie gehabt. An Stelle der Psychoanalyse aber setzt Loudon Wainwright die Kunst-und lässt sich von Joe Henry produzieren, dem Songwriter und Schwager von Madonna. Klar wird schon bei den ersten Akkorden, welche Rolle Henry hier spielt: die eines Rick Rubin,der einem alternden Helden auf die Sprünge hilft. Nun ist ein Wainwright kein Cash, und so greift er dabei nicht auf fremdes, sondern auf eigenes Liedgut zurück, das teilweise 30 und mehr Jahre auf dem Buckel hat. Teils solide, teils erhebende, immer aber erstaunlich heutig klingende Sachen sind das, wie das spannungsreiche „Black Uncle Remus“ mit seinem pluckernden Banjo und dieser hohen, offenen, zu Herzen gehenden Stimme. Oder Klassiker wie „School Days“ und „Man Who Couldn’t Cry“, zeitlose Kompositionen, deren Songwriting im zeitgemäßeren Klanggewand erst richtig zur Geltung kommt. Kurios und sicher kein Zufall, dass Titel und Text von „Saw Your Name In The Paper“ plötzlich klingt wie eine weise, väterliche Replik auf die Anwürfe seiner talentierten Kinder. Woher beispielsweise Rufus seine schöne Stimme haben könnte, wird hier in jedem einzelnen Song nahe gelegt. Auch leuchtet stellenweise die Meinung jener Kritiker ein, die 1970 im jungen Louden den „neuen Bob Dylan“ erkannt haben wollten-das Erzählerische, das Szenische, der Folk! Aber the times, they are bekanntlich a changing. Schade eigentlich: Wäre recovery ein Album mit aktuellem Material von Loudon Wainwright, es wäre eine Sensation. So aber bleibt ein seltsamer Nachgeschmack von der Sorte, wie ihn aufgewärmtes Essen hinterlässt, und sei’s auch noch so lecker. VÖ: 19.8.

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