James Carter – Present Tense

Er ist einer der wenigen übrig gebliebenen „Young Lions“; der Saxophonist James Carter. Während vielen seiner Altergenossen, die in den 90ern als vielversprechende Newcomer gehandelt wurden, schnell die Luft ausging, hat Carter die Erwartungen übertroffen. In bester Tradition von Charlie Parker, Don Byas und John Coltrane hat er an seinem Horn dem Jazz wieder Geist und Seele zurückgegeben. Und wenn er noch einmal in der großen Jazz-Historie blättert, findet er dabei genügend Inspirationen, um sie mit seinen eigenen Ideen und Fantasien zu kreuzen. Dabei wechselt er locker vom Tenor- aufs Sopran- und Baritonsax und beherrscht die Querflöte genauso stilsicher wie die Bassklarinette. Mit Kollegen wie Gitarrist Rodney Jones und Schlagzeuger Victor Lewis bietet Carter aber dann noch ein kultiviert funkelndes und beseeltes Jazzalbum, das von der Vergangenheit direkt in die Gegenwart führt. Dafür steht exemplarisch der von Sonny Rollins geadelte Klassiker „Song Of Delilah“. Nach einem brennenden, meditativen Intro, das die Magie Coltranes beschwört, nimmt das Stück mit einem smoothen HipHop-Touch Fahrt auf, steigert sich das Getriebe von Carters Band ins regelrecht Hymnische hinein. Ganz anderen Schwung und Elan bekommt Gigi Gryces „Hymn Of The Orient“ -mit einer swingenden Schlagfrequenz und einer Bop-Pace, mit der fast das 60er-Jahre-Quintett von Miles Davis links überholt wird. Das alles hat Klasse und Stil. Und dass Carter selbst noch aus einem Traum eine Ballade de Luxe maßschneidern kann,zeigt er mit“Sussa Nita“. Im Schlaf soll ihm Billie Holiday erschienen sein und ihm die Phrasen vorgesungen haben. Am nächsten Morgen soll sich Carter aufs Notenpapier gestürzt haben. Ob man das alles glaubt oder nicht-„Sussa Nita“ gehört ab sofort zu den angenehmsten Bossa-Eingebungen im Jazz-Kanon.

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