Max Müller – Die Nostalgie ist auch nicht mehr das, was sie früher einmal war

Nils Koppruch (Fink) und Frank Spilker (Die Sterne) sind auch nicht mehr das, was sie früher einmal waren, als sie noch in Bands spielten, die heute schon in Klammern stehen müssen, als seien sie die einzige Referenz, die eine Besprechung des Künstlers rechtfertigten. Bei Max Müller muss man nicht auf die Band verweisen, nicht auf sein so wichtiges Werk für den deutschen Underground zwischen 1985 und 2000 und auch nicht mehr auf die Platte europacecen Amerika, die sich niemand zu erwerben traute, weil am Tag nach ihrem Erscheinen zwei Flugzeuge ins World Trade Center flogen und keiner mehr gegen Amerika war. So genannte Soloalben von halbwegs berühmten Band-Menschen scheinen aber im deutschsprachigen Raum wenigstens eine Gemeinsamkeit zu haben, sie sind sinfonischer, liederartiger und eindeutig schluffiger als das Bandprogramm. Max Müller lebt in seinem Laptop-Orchester allerdings zu großer Schluff-Schluff-Form auf, umzingelt von seltsamen Saxophonen, dem Wummern eines alten Analog-Synthies, Dosen-Beats und den Melodien, die ihn seit Jahren im Bauch zwacken. Schwermut und Finsternis mögen wie ein Schatten über diesen Liedern liegen, aber Müller rudert mit ein paar Worten immer wieder aus der Disharmonie heraus, seine besten Songs liegen irgendwo zwischen genialem Funny-Van-Dannen-Folk („Vorsicht vor Leuten, die ihren Namen als Gürtelschnalle tragen“) und dem archaischen Donner einer „Heimatmusik“, die so böse wie grandios ist. Wer sich dafür interessiert, was des Künstlers Streben in seinem Homerecording-Universum ist,ja wofür Max Müller überhaupt musiziert,dem gebe ich diese Zeilen mit auf den Weg zum Plattenladen seiner Wahl:“Für eine schönere Welt, in der die Männer überhaupt nichts tun müssen, für eine bessere Welt, in der die Frauen die Kriege allein führen.“ Wir sollten jetzt doch auf Müllers Band Mutter verweisen, weil diese sich in einem ihrer frühen Lieder von einer besseren und schöneren Welt so deutlich distanzierte. Frühe Lieder sind auch nicht mehr das, was sie früher einmal waren. VÖ: 20.6.

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