Neil Diamond – Home before dark :: HOME BEFORE DARK

Eigentlich müsste er gar keine Musik mehr machen, sondern könnte den ganzen Tag in seinem Strandhaus in Malibu abhängen, mit seinem Beetle auf dem Pacific Coast Highway cruisen und von den Tantiemen leben. Doch Neil Leslie Diamond ist vom selben Virus befallen, der auch Paul Anka oder Tony Bennett plagt: Er kommt nicht ohne Anerkennung und Applaus aus. Weshalb er den Großteil des Jahres auf Tour verbringt und in schöner Unregelmäßigkeit Platten aufnimmt. Wie etwa home before dark, sein 29. Studioalbum und die zweite Zusammenarbeit mit Rick Rubin. Die sich aber den Vorwurf gefallen lassen muss, exakt wie der Vorgänger 12 songs zu klingen. Denn auch hier präsentiert sich der Superstar der 60er und 70er ohne Big Band und Orchester. Stattdessen sitzt er ganz allein im stillen Kämmerlein und intoniert mit tiefem Bariton, akustischer Gitarre sowie Orgel oder Klavier 14Stücke, die ihn als Trauerkloß in Johnny-Cash-Manier zeigen. Ohne Pathos und Bombast, ohne Glitzer und Glamour, dafür aber mit jeder Menge Bodenständigkeit, Melancholie sowie einem Sound, der sich vor allem im getragenen Midtempo bewegt und zwischen Country und Folk pendelt. Americana pur, wobei sich der 67-Jährige betont minimalistisch, knarzig und kantig gibt, um einen Gegenpol zur oft wehleidigen,tieftraurigen Lyrik zu liefern. Denn die dreht sich-wie bei Diamond üblich – um Beziehungen, die entweder gerade aufblühen oder längst gescheitert sind und in denen Frauen anbetungswürdige Göttinnen oder eiskalte Killer sind, die mit seinem Herz, seinem Geld und seinem Verstand durchbrennen. Und natürlich gibt Diamond das ewige Stehaufmännchen, das sich nie unterkriegen lässt, sondern sich durchbeißt und zurückkämpft. Aber über die Dauer von 72 Minuten wirkt das Repertoire gleichförmig und ermüdend. Da sollte er sich beim nächsten Mal vielleicht einen anderen Produzenten suchen. VÖ:9.5.

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