More Dirty Laundry- The Soul Of Black Country
Man könnte O.B. McClinton für Kenny Rogers halten, für einen Mainstream-Country-Mann, der sein weißes Südstaaten-Publikum entzückt. Sein Song „If Loving You Is Wrong“ fährt, die Slide-Citarre im Tank, mit der Verlässlichkeit eines amerikanischen Trucks über einen schnurgeraden Highway. Am Steuer ein knarziger, dickbäuchiger Weißer im Flanellhemd. Ziemlich sicher wird man beim Hören des Tracks keinen Afroamerikaner aus Mississippi, einen Songwriter für das Stax-Label, vor Augen haben, dessen Outfit black funktyness verspricht. Jonathan Fischer hat nun den zweiten dirty laundry-Sampler veröffentlicht, mit dem er sich der schwarzen Country-Music annimmt. Schon der erste Teil verblüffte, ließ aber noch vermuten, dass hier die Suche in Grenzbereichen erfolgreich war. Die Fülle, die uns Fischer nun mit der zweiten Sammlung präsentiert, zeigt tatsächlich, wie ignorant die Pop-Geschichtsschreibung bis jetzt über die afroamerikanische Country-Szene hinweggegangen ist. Clarence Gatemouth Brown, in den 6oern zeitweilig Gitarrist der Showband der amerikanischen Black-Musik-TV-Serie „The!!! Beat“, klemmt sich in „Arnos Moses“ die Fiddle unters Kinn. Das ist keine Übernahme eines weißen Sounds, schon Browns Vater war Geiger. Die Liebe der Afroamerikaner zum Country ist natürlich keine demütige Rezeptionshaltung. O.C.Smith covert „The Son Of Hickory Holler Tramp“, gibt dem Song mit Bläsern einen Soul-Drive, einen Sex-Appeal, der das Gesicht der Melodie reizend nachschminkt. James Brown lässt bei „Three Hearts In A Tangle“ seine Background-Sängerinnen für die Country-Sehnsucht sorgen. Und vor dieser reizenden Sound-Tapete liefert er die Brown-Show der zuckenden Voodoo-Ekstase ein besonderer Culture-Clash. Chuck Berry beschrieb in seiner Autobiografie das Aufwachsen in einer Radio-Kultur. Es ist zu großen Teilen der Sound von Kitty Wells und Gene Autry, der Berry sozialisiert. Die Hautfarbe liefern die Radiowellen nicht mit. Und wer Ohren hat, hört bei „Maybellene“ den Country-Beat. Die Aufteilung der Genres in Schwarz und Weiß hat da den unangenehmen Beigeschmack der Ideologie. Die beiden Black-Country-Compilations von Jonathan Fischer liefern eine dringend notwendige massenwirksame Korrektur des Geschichtsbildes der Pop-Musik. Auch wenn diesmal die bekannten Namen dominieren, verblüfft der Western-Sound in seiner Ballung. Den Rausschmeißer macht Andre Williams mit einem knallharten Killer-Song, einem Gangsta-Country. In „Pardon Me (l’ve Got Somebody To Kill)“ hüllt sich der dunkle Mann in schaurig wimmernde Gitarren. Bei aller Ironie: Auch der schwarze Outlaw trägt Cowboy-Stiefel.
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