Carla Bley – The lost chords find Paolo Fresu

Wenn Märchen wahr werden, kommen solche Alben heraus. Die halbe Welt soll Carla Bley, diese ewig junge Mutter des fein durchdachten, aber nie gedankenschweren Modern Jazz, mit ihrem Quartett Lost Chords umrundet haben, um Paolo Fresu zu treffen. Und als man schon fast die Hoffnung aufgegeben hatte, passierte es endlich in Rom. Plötzlich erfüllten Trompetenklänge eine kleine Kapelle des Vatikans, schien sich der Himmel zu öffnen. Und herunter geschwebt kam ER, der sardische Trompetenengel Fresu. Eine schöne Geschichte, die Bley in der Foto-Bookletstory erzählt (und die sie nebenbei mit köstlichen Seitenhieben auf amerikanische Touristen gewürzt hat). Die Pilgerreise hat sich auf jeden Fall gelohnt. Denn Fresus mal elegant-leuchtender, mal an den lyrischen Trompetenpapst Miles Davis erinnernder Ton ist wie geschaffen für den unprätentiösen Umgang mit der Jazz-Tradition. die Bley mit ihrem Stammpersonal im Visier hat. Steve Swallows runder Bass-Sound ist beim Blues eine lässig dahin schlendernde Stütze. Billy Drummond zeigt sich am Schlagzeug wieder als sensibler Pointillist, der federleicht die gesamte Rhythmuspalette auskostet. Und schließlich sind es Bley mit ihrem reduzierten Klavierspiel und Andy Sheppard mit seinem vollblütigen Saxofon, die aus dem Band-Motor ein aus einem Guss funktionierendes Leichtlaufgetriebe machen. Fresu ist dabei weniger ein Gast. Vielmehr wurde er mit offenen Armen so aufgenommen, als ob er im Geiste schon immer da war. Um dies ausgiebig zu feiern, hat Bley nicht nur ein „Banana Quintet“ komponiert – zu den wiederentdeckten Akkorden gehörten diesmal die aus dem Bley-Klassiker „Ad Infinitum“ sowie aus dem Beatles-Song „I Want You(She’s So Heavy).“

>» www.wattxtrawatt.com