Jim Ford – Point of no return

Man kann hier wohl von Pech sprechen. Oder von einer traurigen Geschichte. Nachdem er seit den 8oern verschollen war, spürte man den Singer/Songwriter Jim Ford im Frühjahr 2oo6 in einem Trailerpark in Kalifornien auf. Seit den 7oern hatte Ford, ein wilder Hund mit Streuner-Mentalität und expressivem Temperament, keine Musik mehr gemacht, aber sein einziges Album Harlan county(i969) und all die halben und ganzen Hits, die er für Bobby Gentry („OdeTo Billy Joe“), Aretha Franklin („Niky Hocky“) und Bobby Womack („Harry Hippie“) schrieb, hatten bei so vielen Menschen Eindruck hinterlassen, dass man sich bemühte, Fords schmales Werk wiederzuveröffentlichen und dem verarmten Musiker zur verdienten Anerkennung zu verhelfen. Prominente Fans taten ihr Übriges: Nick Lowe nannte Ford „das ultimatiue Vorbild meines Lebens“, sein bester Freund Sly Stone, auf dessen there’sa riot going on Ford mitwirkte, bezeichnete ihn als „unglaublichen Komponisten‘ . Kurz nach Veröffentlichung von the sound of our time – einer Sammlung, die das Harlan county-Album, Singles-Titel und zehn Songs aus Fords Archiv enthielt-wurde der 66-Jährige am 18. November 2007 tot in seiner Wohnung aufgefunden. Immerhin: Seine Wiederentdeckung durfte er noch erleben, und er hatte wieder ein Dach über dem Kopf. Nun legt Bear Family weitere Raritäten nach, diesmal aus den frühen 7oern. Klangen die Stücke auf THE souND OF OUR time oft nach starkem Eklektikertum mit viel Seele, Spaß, Talent und Tech n ik, jedoch ohne viel eigenen Stil, gewinnt Ford seltsamerweise auf dieser Outtake-Sammlung mehr an Kontur, zumindest jedoch an Charme. Sein hohes beseeltes Groonen, irgendwo zwischen der Intonation den Campbells, Elvis‘ und anderer Frühsiebziger-Schwelger wirkt vor allem dann, wenn die Backing Tracks sparsamer werden, so beispielweise in ,.1’m Ahead If I Can Quit While l’m Behind“. Aber auch der satte Titelsong mit Frauenchören, Bläsern und Streichern und die erhabene langsame Version des schon auf der letzten CD gehörten „Co Trough Sunday“ sind erlesene DJ-Musik für stilvolle Herrenabende in Großstadt-Kneipen. Das Original von „Harry Hippie“, so Fords Label, habe lange unentdeckt in einem Lederbeutel des bärtigen Songschreibers vor sich hin gegammelt. Hat man das so formuliert, weil sich der Song exakt so anhört? Wie weißer Freak-Soul, der lange im Lederbeutel gereift ist? Die Version muss wohl als Höhepunkt der CD gesehen werden, Ford durchtänzelt den Song mit einer stimmlichen Entrücktheit, die zutiefst berührt. Auch sonst findet sich hier würzige, stellenweise wunderschöne, häufig gut durchmuckte Musik mit Straßenkater-Charme und Geigen im Himmel ohne Anspruch auf Innovation, bei der jedoch etliche Ideen für das nächste Ween-Album vom LKW fallen. Wahrscheinlich trifft es der kalifornische Anti-Impresario Kim Fowley mit seiner Einschätzung am besten: „Jim Ford was a street dog. Talented, but definitely a dog“.

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