Wendy James – Racine 2
Wendy James nicht zu kennen, ist für Menschen unter 25 verzeihlich -1989 war die superhübsche Schmutzgöre so etwas wie die Madonna-Alternative für Menschen mit Hirn, die lieber fühlen als konsumieren wollten, und zugleich Rollenmodell für eine Generation selbstbewusster Jungmädchen, denen Pat Ben ata rund Kim Wilde zu käsig waren. Mit Transvision Vamp holte sie den Glam-Trubel in die 80er und war einen glorreichen Moment lang die perfekte Kombination von Sex, Intelligenz, Pop und Revolution. Was fehlte, war ein Grundstock an richtig guten Songs, der die Band davor bewahrt hätte, als „Last Year’s Model“ von Rave und Grunge hinweggefegt zu werden. Dass 1993 kein Mensch Wendys wunderbares (von Elvis Costello an einem Nachmittag zusammenkomponiertes) Soloalbum now ain’t the time for your tears hören wollte, war und ist tragisch; dass Wendy danach beschloss, eine „richtige“ Musikerin zu werden, die ihre Songs selbst schreibt (und spielen kann), hat was Heroisches. Der erste Versuch als/mit Racine (damals noch keine Band, sondern Wendy ganz allein am Computer) scheiterte unehrenhaft. Was da ertönte, war schlicht Kinderkram ohne Anfängercharme: davon auch noch die Demos hinterher zu schieben (als zweite CD hier beiliegend), rettet nichts. Im Gegenteil -es wirft einen peinlichen Schatten auf ein verblüffend lebendiges, zwischen Gossenschmutz und Diamantglitzern sehr erdig, popmelodiös und sexy dahinschrammendes Album, das songqualitätsmäßig mit now ain’t the time. ..durchaus mithalten kann, textlich endlich den Witz und Zynismus, die Schärfe und Poesie, für die Wendy James‘ Interviews berühmt waren, in ihre Musik hineinträgt, das jugendlich trotzig und erwachsen zugleich klingt und das Wendy auch noch selbst besser produziert hat als alle Platten, auf denen sie je zu hören war. Wenn diesmal wieder kein Mensch zuhören mag, wäre das zumindest sehr schade.
VÖ 22.2.
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