Wolfgang Büld – Punk in London / Punk in England

Es hing ein Hauch von „Anarchy In The UK“ in der Luft. Es rumorte auf der Insel, und die Zunft der professionellen Nachrichtenverbreiter trug die Kunde von den Sicherheitsnadeln und der aufregenden neuen Musik in alle Welt, bis ins damals noch ferne München gar (es gab ja weder Billigflieger noch Globalisierung). Dort ereilte sie auch einen angehenden Filmemacher, den hoffnungsvoll zu nennen grob übertrieben wäre. Im Gegenteil: Wolfgang Büld war fast schon eine verkrachte Existenz. An der Filmhochschule München hatte er einen völlig überzogenen Etat in den Sand gesetzt, man wollte ihn schon feuern, da erhielt ereine letzte Bewährungschance. Seinen Abschlussfilm sollte er möglichst weit entfernt mit wenig Geld drehen. Der wie so viele vom saturierten Stadion-Rock der Zeit gelangweilte Büld machte sich auf den Weg nach London, knüpfte erstaunliche Kontakte. Sein solchermaßen zustande gekommener Film, Punk in London, vertraut im dilettantischen Punk-Gestus ganz auf die Macht der Bilder. Unkommentiert lässt Büld die Kamera durch die Straßen wandern, zeigt den „Sex’Haden von McLaren und Westwood, die maßgeblichen Clubs und natürlich „die Punks“ in Chelsea und deren aus heutiger Sicht eher niedlichen Rituale wie rumhopsen und spucken. Unterbrochen nur von zahlreichen Konzertausschnitten und Interviews mit maßgeblichen (The Clash) und nicht so maßgeblichen (Chelsea) Protagonisten, die sich mit etwas kindischer Note mühen, dem Rüpelimage gerecht zu werden. Nur die Sex Pistols hat er nicht gekriegt, die arbeiteten gerade mit Russ Meyer. Drei Jahre später war Büld dann wieder da, porträtierte für Punk in England die verglimmenden Reste der 77er-Szene sowie deren Vermächtnis – den Post-Punk. Und diesmal kriegte er endlich auch Johnny Rotten vor die Kamera. Beide Filme sind aus heutiger Sicht als umfassende Dokumentationen unbrauchbar, da eben nichts erklärt wird. Für speziell Interessierte mit ein wenig Geduld enthalten die remasterten Werke jedoch etliche Rohdiamanten und mitreißende Live-Mitschnitte halb vergessener Bands wie X-Ray Spex. Also nicht vom scheußlichen Coverartwork abschrecken lassen. Ach ja: An der Filmhochschule München stieß Bülds Abschlussarbeit auf wenig Gegenliebe. Immerhin gab’s eine Drei, er konnte weitermachen, ließ später Joe Strummer bei sich übernachten, nachdem dieser aus dem Hotel geflogen war, und drehte später unter anderem noch, ähem, gib GAS, ICH WILL SPASS Und MANTA MANTA.