Progressiv Psychedelisiert
Als am 25. September 1965 der Beat club von Radio Bremen startete, hatte wohl keiner der Beteiligten geglaubt, dass die bis Dezember 1972 ausgestrahlten 83 Folgen 42 Jahre später noch immer regelmäßig weltweit ausgestrahlt werden würden. In sieben Jahren durchlief die Show mehrere Metamorphosen: Dominierten anfänglich Beat und Pop, erweiterte sich nicht nur das musikalische Spektrum – ab Folge 51 wurde auch von Schwarzweiß auf Farbe umgestellt. Zu diesem Zeitpunkt verbannte die als eine der wenigen in den Archiven noch komplett erhaltene Musik-Show endgültig kommerzielles Chart-Material. Exakt jene Ära, der eine achtteilige DVD-Reihe namens progressive TIMEs(Orange) 5 gewidmet ist. Internationale Rock-Prominenz von Black Sabbath bis Taste, von Led Zeppelin bis Crateful Dead, von Jethro Tull bis Yes tummelte sich im Studio vor Blue-Box-Kulisse und spielt ausnahmlos unter Konzertbedingungen. Ike & Tina Turner, Santana und The Byrds sind mit jeweils vier, Stephen Stills und Chris Hillmans Formation Manassas gar mit fünf Songs vertreten. Glamrock-Ikonen wie T. Rex, Alice Cooper und Slade künden von einer neuen Ära. Captain Beefheart & His Magic Band veranstalten ein schräges Happening. Deep Purple drehen die Verstärker auf. Die Kraut-Rock-Pioniere Can, Kraftwerk, Amon Düül II, Frumpy. Popol Vuh und GuruGuru absolvieren ihre ersten TV-Auftritte. The Move wiederum ihren letzten. The Doors erleben eine seltsame Premiere ohne Frontmann Jim Morrison. Und am Schlagzeug von Klaus Doldingers Passport sitzt tatsächlich Udo Lindenberg. Ein Stück Fernseh-Zeitgeschichte. Aus den Tiefen unergründlicher TV-Archive stammt auch eine gerade mal 52-minütige BBCi-Dokumentation namens ALL MY LOVING (Voiceprint/RoughTrade) 5 .Gewissermaßen ein eindringliches Sittenbild der britischen Popszene nach dem legendären „Summer Of Love“ 1967. Keine Geringeren als Jimi Hendrix, Frank Zappa, Cream, Pink Floyd, Donovan. Who, Lulu, Manfred Mann, Eric Burdon & The New Animals und die Beatles porträtiert der junge Filmemacher Tony Palmer, der zuvor nur mit einer Studie über Benjamin Britten aufgefallen war. Dabei spielte der Zufall eine maßgebliche Rolle. Hatte der Cambridge-Absolvent doch drei Jahre zuvor John Lennon eine Führung übers Unigelände ermöglicht. Der revanchierte sich mit seiner Telefonnummer. Als Palmer bei Lennon schließlich anrief und ihm sein Anliegen vortrug, eine Bestandsaufnahme der britischen Popkultur für den TV-Sender BBC in Szene setzen zu wollen, arrangierte Lennon binnen weniger Tage sämtliche Kontakte. Und so erhält Palmer Kommentare, vor allem aber Einblicke in Studios. Garderoben, Proberäume und Privatwohnungen, die wohl jedem anderen verwehrt gewesen wären. Zu Wort kommen nicht nur die Musiker, sondern auch die Macher im Hintergrund wie Beatles-Produzent George Martin oder Who-Manager Kit Lambert. Mit von der Partie ist auch Clockwork-Orange- Autor Anthony Burgess. Nach der Ausstrahlung im November 1968 titelte der Observer süffisant „It said more about pop than a year of Top Of The Pops“. Paul McCartney gratulierte per Telegramm: „This is just great: absolutely what we meant!“ Wie durch ein Wunder blieb der Streifen über 40 lange Jahre erhalten und landete nicht wie so viele andere tolle Produktionen im Mülleimer,>» www.radiobremen.de/tv/beatclub/
>» www.allmylovingdvd.com/
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