Nirvane – Unplugged In New York :: Grunge, CO2-neutral

Fast schon ein Naturgesetz: Alle Jahre wieder gibt’s – trotz leergefegter Archive – zu Weihnachten eine „neue“, den Mythos nährende Nirvana-DVD, Best-Of, Box – irgendetwas halt. Jenseits derart offensichtlicher monetärer Erwägungen geht mit einem so bedeutenden Gesamtwerk wie dem der „Grunge-Pioniere“ aber natürlich auch eine Verantwortung einher – Stichwort: Katalogpflege. Vor diesem Hintergrund ist es kaum zu glauben, dass ein Mitschnitt des legendären (hier trifft der Begriff ausnahmsweise zu) Unplugged-Konzerts der Band in New York bislang weder als VHS- noch als DVD-Video erhältlich war. Ist aber so: Zwar wird die längst zum Pop-Weltkulturerbe zählende Chose alle Nase lang im Nachtprogramm wiederholt, aber davon abgesehen gab’s eben immer nur das gleichnamige Album. Nun ist ja viel geschrieben worden über jenen Abend des 18. Novembers 1993, und auch wenn das meiste davon Unfug ist, darf festgehalten werden: Unplugged In New York war, jenseits aller Legendenbildung, nicht nur eine klare Sternstunde der kurzen Nirvana-Karriere, sondern auch ein Ausblick auf das, was noch hätte kommen können. Insbesondere die Art, wie Cobain sich hier fremdes Material aneignet, ließ das gewaltige Potenzial erkennen, das diese Band unter all der brodelnden Wut, der Laut/Leise-Dynamik und dem Händchen für einprägsame Melodien noch in sich barg. Natürlich hätten sie die von ihnen ausgelöste Bewegung auch jenseits Folkore-artiger Konzerte überlebt, entwachsen waren sie ihr damals schon. Später haben dann alle nach versteckten Hinweisen auf den nahenden Selbstmord gesucht, und wer wollte, konnte durchaus fündig werden: Bowies Elegie „The Man Who Sold The World“, „Lake Of Fire“ von Kurts Idolen, den Meat Puppets, deren Curt Kirkwood bekanntlich assistierte, und natürlich „Jesus Wants Me For A Sunbeam“ – die Zeichen waren da. Interessanter und retrospektiv letztlich tragischer als die vermeintlich in den Songs beschworene Welruntergangsstirnmung (laut seinem Biografen Michael Azerrad, dessen Doku About A Son zurzeit in US-Kinos läuft und im UK bereits als DVD vorliegt, war Cobain am Abend der Show „bester Laune und machte Witze“) ist aber die Tatsache, dass sich dieses Talent nicht hat zur vollen Blüte entfalten können. Zumal die Verdienste der Band zuletzt ja zunehmend auf die Tatsache reduziert wurden, dass sie nicht ganz unschuldig am zunehmend fließenden Grenzverlauf zwischen Underground und Mainstream sind. Indes: Man kann das Phänomen Nirvana nicht für alles verantwortlich machen, und insbesondere Nickelback und Creed hatte Cobain nun wirklich nicht verdient.

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