The Wombats – A Guide To Love, Loss And Desperation

Spaß mit dem Alten

Die Nachzügler The Wombats bescheren Indie-Rock 395.0 ein letztes (?) grandioses Statement.

Natürlich ist der richtige Zeitpunkt in der Pop-Rezeption kein ganz unerheblicher Faktor. Wenn beispielsweise die Beatles ihren einzigartigen Gesamtkatalog nicht vor 40, sondern in den letzten paar Jahren veröffentlicht hätten, wären das zweifellos immer noch ein paar sehr gute britische Popplatten gewesen – es hätte dann nur kaum einer „Revolution“ geschrien. Auf die mit ein bis zwei Fab-Four-Verknüpfungen (später mehr) ausgestatteten Wombats übertragen heißt das: Wäre deren Debüt etwas früher, sagen wir ziemlich genau: 2005 erschienen, stünde die Band heute Schulter an Schulter mit den Arctic Monkeys und Maximo Park in der ersten „Indie“-Reihe. Behaupten wir mal. So aber… ist A Guide To Love, Loss And Desperation verdammt noch mal immer noch eine fantastische Platte! Klar: Die nur bedingt variierte Geschichte mit den ewig gleichen Koordinaten von NME bis Gang Of Four mag vermutlich kaum noch einer hören. Aber wie diese vier jungen Liverpooler (Verknüpfung: Nummer eins) die sattsam bekannten Zutaten noch mal ganz frisch und absolut mitreißend durcheinanderwirbeln, das hat schon Charme. Zumindest Gang Of Four spielen ohnehin nur eine Nebenrolle: Die Quirligkeit haben The Wombats von Weezer, das Harmonieverständnis von den Beach Boys (und Maccas „Institute For Performing Ans“, wo sie sich auch kennenlernten – Verknüpfung Nummer zwei), den Sturm und Drang, weil sie jung sind, und die Vorliebe für A-cappella-Gesänge aus ähnlichen Quellen wie die tollen Futureheads. Neben der offenkundigen Begeisterung für niedliche australische Felltiere bringen die mit cleverem Humor ausgestatteten Wombats zudem eine überschwappende Spritzigkeit und unbedingt lebensbejahende Note in die Diskussion ein. Selbst die Joy-Division-Keyboards in, äh, „Let’s Dance To Joy Division“, einer stürmisch ironischen Up-Tempo-Hymne, die zurzeit in England mächtig Staub aufwirbelt, klingen bei den Wombats noch fröhlich – sie können offenbar nicht anders. Und: A Guide … ist ein A.L.B.U.M.; also nicht einfach nur drei Hits am Anfang und das war’s. „Moving To New York“, „Patricia The Stripper“ – Man kriegt diese Melodien nicht mehr so schnell aus dem Kopf und schon gar nicht aus den Beinen. Insgesamt dreizehnmal will man auf die Straße rennen, laut den Mond anheulen und vor allem: sich so schnell wie möglich auf den nächsten Floor bewegen. Musik, die einfach nur da ist und sich um gestern und morgen einen Dreck schert. Nichts Neues, aber so viel Spaß hat das Alte schon lange nicht mehr gemacht.

www.thewombats.co.uk