Lydia Daher – Lydia Daher

Berlin, Köln, Augsburg – daher kommt, pardon, Lydia Daher. Und die Stationen im Leben der 27-Jährigen haben auf ihrem Debüt klare Spuren hinterlassen: da wäre die Metropolenromantik („Hast du schon mal ein Picknick gemacht, beim Anbruch der Nacht im U-Bahnschacht?“), die rheinische Geselligkeit („Tauschst du fünf Songs von Syd Barrett mit mir gegen einen Kuss?“) und die Tristesse der Kleinstadt („Augsburger Nachte sind kurz ohne dich“). Dahers tiefer Blick in die Gesellschaft und alles, was diese umgibt, wird unterstützt von einem nicht von ungefähr kommenden Gespür für Worte: im „eigentlichen“ Leben ist Daher Großmeisterin in der hartumkämpften Disziplin des Poetry Slams. Letzten Sommer hat sie sich auf der Flucht vor Jahrhunderthitze zusammen mit einer Musiksoftware, einer Wandergitarre und einem prähistorischen Vorreiter dessen, was heute Keyboard heißt, in ihr Zimmer weggesperrt und beschlossen, „Ich mach‘ jetzt auch Musik“ (aus: „Jenseits von richtig und falsch“). Süß, oder? Nein, denn Dahers Texten ist bei aller Sensibilität in punkto Wortwahl und Satzhochbauten eine Schonungslosigkeit zu eigen, von der dieses um „Ihr müsst mich bitte alle lieb haben“ bemühte Genre getrost mehr vertragen kann. „Dafür, dass ich es eigentlich nicht kann, kann ich es eigentlich ganz gut“, sagt die Künstlerin über ihr Werk und hat damit vor allem eines: nicht Recht! „Ganz gut“ wird diesen 16 Stücken genau so wenig gerecht wie diese Rezension, die ursprünglich nur Songzeilen aus dem Album enthalten sollte, denn etwas wie „Zusammen essen macht nicht automatisch satter“ hätte es schon verdient, Alleinherrscher in diesem Textfeld zu sein. Aber wir leben halt nun mal in einer Demokratie, in der man reden muss, auch wenn man schweigen muss.

www.lydiadaher.de