Playboy After Dark

In mancherlei Hinsicht war Hugh M. Hefner ein Visionär, das muss dem Mann wohl auch zugestehen, wer seinem Einfluss auf die westliche Unterhaltungskultur sonst eher kritisch gegenübersteht: Nicht nur dass Hefner schon in den frühen 60er-Jahren die Marktchancen für ein maßvoll freizügiges sogenanntes „Herrenmagazin“ in den USA und darüber hinaus erkannte, er begriff auch früh, dass eine Magazinmarke wie „Playboy“ sich wunderbar auf den Bildschirm übertragen lassen würde. In den USA der späten Fifties und Sixties konnte das freilich noch keine Filmchen von sich ausziehenden Playmates beinhalten, wie sie später zuhauf produziert wurden. Für Hefners TV-Show war dies eher ein Segen, wie sich heute anhand der sechs Shows aus den Jahren 1959. 1960,1968 und 1969 zeigt, die nun in einer DVD-Boxvorliegen. Wo Hefner schon keine nackten Tatsachen zeigen durfte, wollte er den genussfreudigen Playboy-Lifestyle, wie er ihn sich vorstellte, wenigstens auf andere Weise per Mattscheibe und höchstpersönlich vorleben. Also gaben sich die Playboy-Shows den Rahmen inszenierter Penthouse-Partys – so im „Oceans 11“-Style mit coolen, Cocktails schlürfenden Männern im Smoking, umgeben von bewundernd zu ihnen aufblickenden meist blonden Schönheiten (damals noch nicht im lächerlichen Bunny-Kostüm). „The Legendary Television Show Of Cool. Elegance and Entertainment“ heißt es hier auch im Untertitel. Das Salz in der Suppe waren denn auch die eingeladenen Stars aus dem Showbusiness – zunächst eher breitenwirksame Jazzer wie der smarte Nat King Cole oder Ella Fitzgerald. Die tiefgläubige Sängerin fühlt sich in diesem hedonistischen Herrenclub zunächst sichtlich deplatziert, doch in dem Moment, wo sie anfangen darf zu singen, wird ihr Auftritt in all seiner schlichten Inbrunst atemberaubend, und man vergisst als Zuschauer das Kasperltheater drum herum. Da fühlte sich ein Allround-Entertainer wie der extrovertierte Sammy Davis Jr. in Hefners Hochhaus-Club schon sehr viel wohler. In den 60ern lud Hefner dann mehr und mehr Pop- und Rockgrößen in seine Sendung ein-mit dem Resultat, dass man ihm und seinen Kumpanen nun umso deutlicher ansah, wie sehr der Zeitgeist ihnen entkommen war. Joe Cocker und Canned Heat nahmen sich in diesem Ambiente noch viel seltsamer aus als Jahre zuvor Frau Fitzgerald. Die junge Cher wiederum ließ mit ihrer Ausstrahlung all die Playmates um sich herum schlagartig verblassen. Und die damals noch nicht auf Mainstreamverträglichkeit zurechtgestutzte Tina Turner strahlte im Zusammenspiel mit den Ikettes eine Sexualität aus, die viel zu wild und animalisch war für Hefners halt doch spießigen Amüsierclub. Da wirken die Bemühungen des Pfeife rauchenden Gastgebers, mit neckischen Spielchen wenigstens noch etwas Libertinage auszustrahlen, dann fast schon rührend.