Amon Düül II – Carnival In Babylon; Amon Düül II – Wolf City; Amon Düül II – Viva La Trance; Amon Düül II – In London;

Der Prophet, der im eigenen Land nichts zählt – die seit einigen Jahren reformierten Amon Düül II sind neben Can das Paradebeispiel dafür, wie man kreativem Wagemut in Deutschland nicht nur vor drei bis vier Jahrzehnten begegnete. Die Münchner Modell-Kommune der Hippie-Ära mit einst beschaulicher Residenz in Herrsching am Ammersee, die im angloamerikanischen Ausland heutzutage noch hoch angesehen wird, spielt hierzulande nach wie vor eine eher untergeordnete Rolle. Das ist ebenso unverständlich wie seltsam. Denn zwischen 1969 und 1974gelangen dem immer mal wegen Streitigkeiten und Egoproblemen in der Besetzung flukturierenden Ensemble immerhin sieben Albenklassiker. Vier davon liegen, um Bonustracks erweitert und klanglich optimiert, jetzt als Digipacks vor. Nach dem schwerverdaulichen Longplay-Triptychon Phallus Dei, Yeti und Tanz der Lemminge kündigte Sich auf Carnival In Babylon, 4 Sterne, eine Stilwende an: Weniger mysteriös, weniger fantastisch und auch nicht mehr so brachial teutonenhaft orakeln Amon Düül II, Marke 1972. sich durch sechs längere Klanglandschaften, darunter „C.I.D. IN URUK“, „Kronwinkl 12“, „Tables Are Turned“ und das zehnminütige „Hawknose Harlequin“, mit zum Teil fernöstlich geprägtem Folklore-Hintergrund. Die bis dato dilettantischen Vokaleinsätze von Sängerin Renate Knaup-Krötenschwanz, Gitarrist John Weinzierl, Multiinstrumentalist Chris Karrer und Bassist Lothar Meid klingen hier um einiges professioneller. Für das noch im selben Jahr nachgeschobene Wolf City, 5 Sterne, kehrte Keyboarder Falk Rogner zurück in die Stammmannschaft. Nochmals abgespeckt in Sachen kompositorischer Opulenz, brachte es gerade mal der Opener „Surrounded By The Stars“ auf acht Minuten Spielzeit. Als stärkste Komponenten fungierten auf diesem Album Weinzierls Rock-Surrealismus „Jail-House-Frog“. das kollektiv entstandene „Wie der Wind am Ende einer Straße“, aber auch das von Lothar Meid und Produzent Olaf Kubier eigentlich fürs Projekt Utopia konzipierte „Deutsch Nepal“ mit der Stimme von Schauspieler Rolf Zacher. Im Jahr ihrer ersten schweren Krise schickten Amon Düül II 1974 schließlich kurz vor der ersten offiziellen Trennung mit Viva La Trance, 4,5 Sterne ihre bis dato konventionellste Songkollektion auf die Reise. In Großbritannien wegen Mangels an Avantgarde und einem Zuviel an angloamerikanischen Zitaten gedisst, darf das in klassischer Sextett-Besetzung (inklusive Schlagzeuger Peter Leopold) eingespielte Werk doch als finales der essenziellen Periode gewertet werden. Das Album warf mit der Doppel-A-Seite „Pig Man / Mozambique“ sogar einen kleinen Single-Hit ab. Ironischerweise eröffnet „Apocalyptic Bore“ mit einem Karl-Kraus-Zitat: „Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.“ In die Zeit der Auflösung fiel auch Live In London, 3 Sterne, eine am 16. Dezember 1972 im englischen Musikclub Greyhound, Croydon, entstandene Aufnahme mit überwiegend Material aus derzeit vor, um und kurz nach dem Album Tanz der Lemminge, das in seiner harschen Art auf der Insel heute noch als heiliger Gral verehrt wird.

www.amonduul.de